Gleichschaltung II: Schützengilde hisste mit Stolz ihre eigene Hakenkreuzfahne – Ziegenzuchtverein löste sich auf

1-aktuell-Gleichschaltungba111345Von Wolf Stegemann

  • Fortsetzung von Gleichschaltung I: Mit Sieg-Heil und Begeisterung ließen sich Rothenburger Vereine 1933/34 im Sinne der NS-Ideologie gleichschalten – Mitglieder mussten arischer Abstammung sein.

Obstbau- und Gartenbauverein: Etliche Austritte trotz „heiliger Pflicht“

Beim ersten Hinsehen würde man bei einem Obstbauverein und ihren Mitgliedern keine politischen Vereinsaktivitäten vermuten. Anders beim Rothenburger Obstbau- und Gartenbauverein. Ins Protokollbuch bedauerte der Schriftführer F. Klenk am 17. Februar 1934 (Seite 70/71): „Bedauerlicher Weise kehren recht viele, zum Teil langjährige Mitglieder dem Verein den Rücken.“ Abwiegelnd schreibt Klenk dazu: „…andere Verpflichtungen werden wohl der Hauptgrund dafür sein.“ Welche Gründe es 1933 wirklich zu diesen Austritten führten, wird mit dieser allgemeinen Formulierung nicht beschrieben. Der so genannte Familienabend am 28. Januar 1934 bei „Mitglied Wagenländer“ hatte, wie aus dem Protokollbuch des Vereins hervorgeht, „eine besondere Bedeutung für unsere Vereinsgeschichte“. Im Protokoll steht: Weiterlesen

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Gleichschaltung I: Mit Sieg-Heil und Begeisterung ließen sich Vereine im Sinne der NS-Ideologie gleichschalten – Mitglieder mussten arischer Abstammung sein

"Das Verhängnis",  Zeichnung von Paul Weber 1932

“Das Verhängnis”, Zeichnung von Paul Weber 1932

Von Wolf Stegemann

 „Die Partei ist Hitler, Hitler aber ist Deutschland, wie Deutschland Hitler ist.“ – Rudolf Hess in Leni Riefenstahls Film „Triumph des Willens“, 1934

Dass es in Hitlers demokratisch gewähltem Reich von Anfang an nur eine Meinung geben sollte, nämlich die der nationalsozialistischen Partei, war den Wählern bekannt und taten dem Jubel, den die überwiegende Mehrheit Hitler entgegenbrachte, vor und nach den Wahlen keinen Abbruch. Im Gegenteil. Nach der gewonnenen Wahl liefen dem Führer immer mehr hinterher und strömten in seine Partei. Im Jubelgeschrei und Trommelgedröhn auf Straßen und Plätzen wurden die bedächtigen und warnenden Stimmen nicht mehr gehört. Und da, wo man sie hörte, wollte man sie meist nicht hören. Und man wollte auch nicht sehen, was mit denen geschah, die nicht jubelten. Weiterlesen

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Zwischen NSDAP und Staat gab es einen von Hitler gewollten Kompetenzwirrwarr, doch die Partei war mächtiger. Struktur der Nazi-Partei, der 64 Prozent der Rothenburger angehörten

Uniformen der Politischen Leiter der NSDAP udn der angeschlossenen Verbände; Foto: Wikipedia

Uniformen der Politischen Leiter der NSDAP und der angeschlossenen Verbände; Foto: Wikipedia

Von Wolf Stegemann

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) war als zentralistische Führerpartei straff hierarchisch aufgebaut. Sie hatte eigene umfassende Strukturen und konkurrierte in der Zeit des Nationalsozialismus in außergewöhnlich hohem und weltweit einmaligem Maße mit den Strukturen des Staates. In der Praxis entstanden Probleme bei dem Verteilen der Zuständigkeiten. So konkurrierte die Partei oft mit staatlichen Stellen, wie etwa den Ministerien und Verwaltungsstellen. Staatliche Stellen orientierten sich stets an Interessen der NSDAP-(Regional‑)Führung. So hatte die Gauleitung immer Einfluss auf Personalentscheidungen in öffentlichen Ämtern. Rothenburgs Kreisleiter Karl Steinacker holte beispielsweise den NS-Bürgermeister Dr. Friedrich Schmidt nach Rothenburg und „setzte ihn ein“. Hauptgrund für diesen Kompetenzwirrwarr zwischen Staat und Partei war die Zuteilung staatlich-administrativer Tätigkeiten bei den Gauleitungen, was von Hitler durchaus gewollt war. Weiterlesen

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Mit Pathos, Pomp und Ludwig Siebert wurde dessen „Ehrenmal der nationalsozialistischen Bewegung“ im Burggarten mit „Heil Hitler! Heil Siebert!“ enthüllt – 1945 Müll der Geschichte

Ludwig Siebert auf dem Rothenburger Marktplatz

Ludwig Siebert auf dem Rothenburger Marktplatz

Von Wolf Stegemann

Misst man das Ereignis im September 1934 am Aufwand, an den hingebungsvollen Reden und letztlich auch am Umfang der Berichterstattung im „Fränkischen Anzeiger“, der mit drei Zeitungsseiten weder vor- noch nachher ein Ereignis in der Stadt in solchem Umfang dargestellt hatte, so drängt sich der Eindruck auf, dass die Enthüllung des vom bayerischen NS-Ministerpräsidenten Ludwig Siebert gestiftete Rothenburger Mahnmals das größte Ereignis im nationalsozialistischen Rothenburg war. Zu dieser Enthüllung im Burggarten, hatte die Stadt und Partei am 22. und 23. September 1934 offensichtlich alles aufgeboten, was eine Fahne halten, marschieren, „Heil Hitler“ rufen, Chorlieder singen, Märsche spielen oder auch nur eine Uniform anziehen konnte. Der  bayerische Ministerpräsident stand als Stifter des Denkmals natürlich im Mittelpunkt der Feier wie auch in der Berichtserstattung am andern Tag. Weiterlesen

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Über 30 Nazis aus Stadt und Landkreis Rothenburg – darunter Bauern, Handwerker, Arbeiter – schmückten sich mit dem „Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP“

Goldenes Partei-Abzeichen

Goldenes Partei-Abzeichen

Von Wolf Stegemann

Auf der Leiche des Mannes in  halbgekrümmter Stellung lagen die Überreste einer verkohlten Parteiuniform der NSDAP und ein angesengtes goldenes Parteiabzeichen. Bei der verkohlten Leiche der Frau wurde ein angesengtes goldenes Zigarettenetui entdeckt und auf der Leiche ein goldenes Parteiabzeichen. Bei den beiden angebrannten Leichen handelt es sich um den Reichsminister Joseph Goebbels und seine Frau Magda, die nach ihrem Suizid am 2. Mai 1945 so von russischen Offizieren im Garten der Reichskanzlei in Berlin aufgefunden worden waren. Die beiden gehörten zu den rund 23.000 Personen (Stand 1935), die mit dem „Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP“ geehrt wurden. Magda Goebbels erhielt ihres am 27. April 1945 im Führerbunker, drei Tage vor Hitlers Selbstmord. Hitler überreichte es ihr. Es war sein eigenes Parteiabzeichen, eine Sonderanfertigung mit der eingravierten 1 auf der Rückseite. Es besteht allerdings kein Anlass anzunehmen, dass Hitler über lediglich ein Exemplar seines Parteiabzeichens verfügte. 1996 teilte der russische Geheimdienst FSB mit, im Besitz des goldenen Parteiabzeichens Adolf Hitlers zu sein. Als anlässlich einer Ausstellung zum 60. Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation vom 8. Mai 1945 das Abzeichen erstmals ausgestellt werden sollte, wurde es am 30. Juni 2005 bei einem Einbruch entwendet. Weiterlesen

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Wilhelm Stegmann: Gründer der NSDAP-Gruppe Rothenburg und SA-Führer „Gausturm Franken“ geriet 1933 in Ungnade, kam ins KZ und fiel 1944 in einem SS-Strafregiment

Von Dr. Rainer Hambrecht

Gerade zu Beginn des großen Aufschwungs der NSDAP erhielt die SA im Sommer 1930 einen Führer, der sich durchzusetzen vermochte und der Sturmabteilung nicht nur nominell vorstand: Wilhelm Ferdinand Stegmann aus Schillingsfürst. Nach Streicher und Schemm profi­lierte er sich zum wichtigsten fränkischen NS-Führer vor der Machtergreifung. Weiterlesen

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Für den NS-Bürgermeister Friedrich Schmidt gab es 1945 kaum eine Zäsur. Er blieb seiner Gesinnung treu und saß 1952 wieder im Stadtrat – für die rechte „Deutsche Gemeinschaft“

Neuer NS-Oberbürgermeisterin Rotheneburg 1936: Dr. jur. Friedrich Schmidt

Neuer NS-Bürgermeister in Rothenburg 1936: Dr. jur. Friedrich Schmidt; Foto entnommen FA

Von Wolf Stegemann

Wenn etwa im September 1940 der in Nordfrankreich „im Felde stehende“ Rothenburger Bürgermeister und zugleich Führer des Vereins Alt-Rothenburg Dr. Friedrich Schmidt sein Grußwort zur Vereinsschrift „Rothenburger Wappen und Siegel“ von Martin Weigel derart pathetisch formuliert, wie im Folgenden zitiert, weiß man eigentlich schon Bescheid. Bürgermeister Dr. Michael Friedrich Schmidt schrieb damals:

„Kraftvoll und soldatisch war die Geschichte der Stadt ob der Tauber stets auf ein Ziel gerichtet, das Reich. Heute ist für Großdeutschlands Freiheit das ganze Volk angetreten. In den Ländern besiegter Feinde, in der Heimat tun wir unsere Pflicht. Der Endkampf bringt uns den Sieg. Aus der Ferne grüße ich ,Alt-Rothenburg’ – Heil Hitler!“

Ruhmreiche Vergangenheit der Stadt in Großdeutschland fortgesetzt

Beim Lesen der Widmung des in Frankreich im Kriegseinsatz stehenden Bürgermeisters hält man inne. Das „ganze deutsche Volk“ sei „angetreten“. Natürlich zählte Schmidt diejenigen nicht mehr zu den Deutschen, die aus ihrer Heimat vertrieben worden waren, im Exil lebten oder in den Konzentrationslagern. Zwischen den Zeilen suggeriert Schmidt, die „ruhmreiche“ Vergangenheit der Vaterstadt werde nun in „Großdeutschland“ eine Fortsetzung und ein noch ehrenvolleres Ende finden. Der damalige Bürgermeister mag ja „kraftvoll und soldatisch“ gewesen sein, doch der Geschichte der alten Reichsstadt Rothenburg tut er zuviel der Ehre an, wenn er sie mit solch schwülstigem Vokabular charakterisiert. Bürgermeister Schmidt schwadroniert, er stellt die Vergangenheit falsch dar – vielleicht nicht absichtlich. Wusste er es womöglich nicht besser? Doch, der redegewandte Jurist beider Rechte  wusste es besser! In seiner Heimatstadt war er hinter dem NSDAP-Kreisleiter ein mächtiger Mann, der unter den damaligen Umständen über Menschenschicksale bestimmen konnte. Das sollte man nicht übersehen. Weiterlesen

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