Geboren 1963 in Nürnberg, studierte evangelische Theologie in Neuendettelsau, Wien, Erlangen, Bonn und Jerusalem. Vikariat in Hutschdorf (Dekanatsbezirk Thurnau), anschließend Pfarrer in Lichtenfels und Rednitzhembach. In Jerusalem 1995/96 ein Studienjahr verbracht, seither ist der Schwerpunkt seiner Theologie der christlich-jüdische Dialog. Pfarrer Oliver Gußmann ist seit 2000 Pfarrer an St. Jakob in Rothenburg mit den Aufgaben, Touristen und Jakobspilger zu begleiten, Jung und Alt mit den Kirchen Rothenburgs bekannt zu machen, Brautpaare, die zu Besuch in Rothenburg sind, zu trauen, das Kirchenführer-Team fortzubilden und vieles andere. Seit November 2012 arbeitet er auch auf der Projektstelle „Pilgern in der evangelischen Landeskirche in Bayern“. Er leitet ehrenamtlich das Evangelische Bildungswerk im Dekanat Rothenburg. – 2007 Promotion zum Dr. theol. an der Philosophischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg zum Thema „Das Priesterverständnis des Flavius Josephus“. Die Arbeit wurde 2008 in der Reihe „Texts and Studies in Ancient Judaism“ im Verlag Mohr Siebeck in Tübingen veröffentlicht. Aufsätze und Lehrveranstaltungen zum Antiken Judentum (in Erlangen und Neuendettelsau). 2010 als Stipendiat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei dem archäologischen Lehrkurs des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes teilgenommen.
Es war wenig bekannt über die Geschichte der Juden in Rothenburg
Seit meinem Studium in Israel interessiere ich mich für Themen der jüdischen Geschichte und Kultur. Ich halte es für sehr wichtig, dass der christliche Glaube sich seiner jüdischen Wurzeln bewusst ist, und dass Christen die Religion ihrer jüdischen Geschwister achten. Ich bin langjähriges Mitglied beim Verein Begegnung Christen und Juden und arbeite dort in der theologischen Arbeitsgemeinschaft mit. In Rothenburg war, als ich hier im Jahr 2000 begann, nur wenig bekannt über die Geschichte der letzten jüdischen Gemeinde Rothenburgs. Deshalb machte ich mich auf eine spannende Spurensuche, die noch immer nicht an ihr Ende gelangt ist. Ich habe einen jüdischen Stadtführer geschrieben, gemeinsam mit anderen die Arbeitsgruppe Jüdisches Rothenburg gegründet, und biete immer wieder Führungen durch das Jüdische Rothenburg an. Die Arbeitsgruppe hat im Jahr 2010 Infotafeln zur jüdischen Geschichte der Stadt entwickelt. 2011 war die Tagungsreihe „Franconia Judaica“ des Bezirks Mittelfranken zum Thema Jüdische Geschichte und Kultur in Rothenburg ob der Tauber zu Gast in der Stadt. Im April 2013 hat der Künstler Gunter Demnig in Rothenburg Stolpersteine für die im Holocaust ermordeten Juden Rothenburgs verlegt. Seit drei Jahren veranstalten wir gemeinsam mit der Stadt Rothenburg ob der Tauber die Woche Jüdischer Kultur „Le Chajim“. 2008 lernte ich über die AG Jüdisches Rothenburg Wolf Stegemann kennen. 2013 hatte er die Idee zu unserem gemeinsamen Projekt „Rothenburg unterm Hakenkreuz“.
Kontaktdaten: Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakob, Klostergasse 15, D-91541 Rothenburg ob der Tauber, Tel. 09861-7006-25, Fax 09861-7006-13. Tel. 09861-7006-25; Fax 09861-7006-13; Mail: gaestepfarrer (at) rothenburgtauber-evangelisch.de. Homepage: www.rothenburgtauber-evangelisch.de/tourismus
Geboren 1944 in Asch/Böhmen, aufgewachsen in Rothenburg ob der Tauber, Redakteur in verschiedenen Medienbereichen: Presseagentur (Athen, Istanbul), Gerichtsreporter in München, Buchredakteur im Berchtesgadener Land (Salzburg/Wien). Ab 1975 Autor in Gelsenkirchen und ab 1980 Tageszeitungsredakteur in Dorsten (zwischen Ruhrgebiet und Münsterland), 1979 Gründung der Literaturzeitschrift „Standorte“ in Gelsenkirchen; 1981 Gründung und Leitung der Forschungsgruppe „Dorsten unterm Hakenkreuz“ und 1987 Ideengeber und Mitbegründer des Jüdisches Museums Westfalen. – Mitglied im Kuratorium der „Tisa Gräfin von der Schulenburg-Stiftung“; 2008 im Wissenschaftsbeirat der Stiftung „Saalecker Werkstätten“ (Sachsen-Anhalt).
Journalistenpreise für Reportagen und 2005 Verleihung des AWARD of CHANGE der „abc-Gesellschaft zur Förderung des Lesen- und Schreibenlernens in der 3. Welt e.V.“ für die „Leistung eines wichtigen Beitrags im Bereich der Bildung und Erziehung“, gleichsam „Auszeichnung für Anstöße, die Veränderungen bestehender Strukturen und gesellschaftlicher Verhältnisse bewirken“. – Mehrere Buchveröffentlichungen zu den Themen Sakrale Kunst, Literaturgeschichte, Städtebilder, Regionalgeschichte, Judentum, Israel, Nationalsozialismus. – Lyrik in Zeitschriften, Zeitungen, darunter zwei Lyrikbände. – Seit 2012 Gründer und Mitherausgeber des Online-Magazins „DORSTEN-transparent“, Herausgeber der Online-Dokumentation „Dorsten unterm Hakenkreuz“ und ab 2015 des Online-Lexikons „Dorsten-Lexikon“.
Rothenburg lässt mich nicht mehr los – warum?
Mit Rothenburg verbindet mich neben vielem anderen auch eine Erinnerung aus der Schulzeit zu Anfang der 1960er-Jahre, wo ich nach heutiger Betrachtung rechtsnationale Gedanken und mit Schulfreunden zeitweise eine solche lockere und lose Clique hatte, der wir in unserer jugendlichen Überheblichkeit und Dummheit sogar einen Namen gaben, als ob wir eine Partei gründen würden. Wir schwelgten in Gedanken, wie das Deutsche Reich wieder herzustellen sei und machten in der nur Monate lang andauernden und heute als clownesk verstandenen dummen Geschichtsbetrachtung am 17. Juni, dem damals noch geltenden „Tag der deutschen Einheit“ einen Ausflug mit Pferd und Kutsche und schwarz-weiß-rotem Schmuck.
Heute sehe ich die Ursachen, warum solche rechtgerichteten Gedanken damals in unseren jungen Köpfen herumschwirren konnten, darin, dass es in der Schule keinen Unterricht über den Nationalsozialismus gegeben hat, keine Aufklärung über die Verbrechen an den Juden und Andersdenkenden, über Kriegsverbrechen. Der Geschichtsunterricht hörte mit der Weimarer Republik auf und wurde mit der Gründung der Bundesrepublik als Zeitgeschichte fortgesetzt. So war der Lehrplan. Das heißt aber nicht, dass die Lehrer nicht von ihren Kriegserlebnissen erzählten. Nach meiner Erinnerung nie kritisch. Im Gegenteil, ich könnte einige Lehrer nennen, die das Wort Deutschtum betont leicht und oft über die Lippen brachten, das Wort Juden nie.
Für mich persönlich möchte ich für meine damaligen Spinnereien auch das eigene Elternhaus anführen, wo ebenfalls keine Aufklärung stattfand, im Gegenteil, meine Mutter hat mich als Jungen mitgenommen auf die Parteitage der rechtsgerichteten Partei Deutsche Gemeinschaft, die in Rothenburg im Stadtrat vertreten war, und zu Vorträgen des Vorsitzenden August Haußleiter. In den Jahrzehnten meines späteren Lebens als Journalist, Kulturredakteur und Buchautor habe ich viele Freunde vor allem in Israel getroffen und auch die für jeden Menschen wichtigen Grenzüberschreitungen mitgemacht, um nicht im engen Gehäuse der Herkunft stecken zu bleiben.
Über meinen damaligen „spinnerten“ Ausflug mit Pferd und Kutsche mit Schwarz-weiß-rot kann ich nur noch schmunzeln. Mein damaliges Unwissen als junger Mann über die NS-Zeit und wie Lehrer damals damit umgegangen sind, macht mich nachdenklich. Das ist auch mit der Grund, warum ich möchte, dass heutige Schülergenerationen nicht blind hinter NPD-Leuten und ihren Parolen herlaufen, sondern wissen müssen, welche Hintergründe diese Parolen haben. Dazu gehört die Initiative als Mitbegründer des Jüdischen Museums Westfalen und dieser Online-Dokumentation „Rothenburg unterm Hakenkreuz“.
Ab den frühen Achtzigerjahren, als ich mich verstärkt für das Leben und Wirken Rabbi Meir ben Baruchs von Rothenburg interessierte, konnte ich andere mit meiner Zuneigung zur Stadt für eine Reise dorthin überzeugen – stets auch auf den noch sichtbaren jüdischen Spuren. Die Verfolgungsgeschichte in nationalsozialistischer Zeit war damals weitgehend tabuisiert.
Einer der ersten, den ich über die jüdische Geschichte Rothenburgs vor Ort informieren konnte, war der jüdische Dichter Erich Fried. Er kam 1982 aus London zu einer Lesung nach Gelsenkirchen. In Rothenburg trafen wir mit Wilhelm Staudacher und Bernhard Doerdelmann zusammen, letzterer ja aus meiner jetzigen Wahlheimat kam. 1987 organisierte ich für den Trägerverein des noch im Entstehen begriffenen Jüdischen Museums Westfalen eine Studienfahrt nach Rothenburg, wo Architekt Knoll der Gruppe die jüdische Geschichte der Stadt erklärte. Im Dezember 2007 zeigte ich einer Nachfahrin Siegmund Freuds aus San Diego, Susan Freud, und ihrem Mann Allen Yaworski, das jüdische Rothenburg. Als ich ihnen die eingemeißelten jüdischen Buchstaben im Torbogen und den Fenstersimsen der Friedhofskapelle zeigen wollte, die ja bekanntlich aus Steinen der früheren abgerissenen Synagoge errichtet worden war, waren diese authentischen Zeichen nicht mehr vorhanden. Die Kapelle war im Zuge einer Renovierung abgestrahlt worden und dabei sind die Reste der sichtbaren Herkunft der Steine offensichtlich verschwunden. Im Dezember 2008 führte ich ehemalige Rothenburger aus München durch die jüdische Geschichte der Stadt und 2010 Mitglieder des Autorenverbands Franken, der nach Rothenburg zu seiner Jahreshauptversammlung eingeladen hatte. – 2008 bin ich bei einem Besuch auf die Gruppe „Jüdisches Rothenburg“ aufmerksam geworden, was zu der Zusammenarbeit mit Dr. Oliver Gussmann führte.
Weitere Informationen und Kontaktdaten: D-46284 Dorsten, Breslauer Straße 64, Telefon 02362-78 75 70, Email: wolf.stegemann@t-online.de. – www.wolf-stegemann.de; Profil im Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren bis 1950; Profil im Literaturnetz NRW; Eintrag Wolf Stegemann bei Wikipedia; Herausgeber von www.dorsten-unterm-hakenkreuz.de und www.dorsten-transparent.de
Der Sponsor
Das Evangelische Erwachsenenbildungswerk im Dekanatsbezirk Rothenburg e.V. (EBW) fördert diese Online-Dokumentation „Rothenburg unterm Hakenkreuz“. Aufgabe des EBW ist, die evangelische Erwachsenenbildung inhaltlich, methodisch und organisatorisch zu fördern. Es ist an den Menschen orientiert, an den Zeitfragen interessiert und in der Kirche engagiert. Im Mittelpunkt der Arbeit steht der Mensch als Geschöpf Gottes, der Mensch mit seinen Aufgaben und Fragen, mit seiner Würde und Begabung. Mitglieder im EBW können evangelische Kirchengemeinden und andere Bildungseinrichtungen sein, aber auch Privatpersonen, denen die Erwachsenenbildung ein Anliegen ist. Das EBW ist ein eingetragener Verein, der ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt. Es wird von einem ehrenamtlichen Vorstand geleitet. – Kontakt: Evangelisches Bildungswerk, Klostergasse 15, in 91541 Rothenburg ob der Tauber; Vorsitzender ist Pfarrer Dr. Oliver Gußmann.