Über das Projekt

„Rothenburg unterm Hakenkreuz“ – warum?
Um die Erinnerung weiterzugeben!

„Es ist eine Eigenschaft des Menschen, dass er böse Zeiten gerne vergisst und sich nun um so lieber froher Stunden erinnert, über die er auch nach Jahren sich jeder Einzelheit noch zu erinnern vermag. Vielleicht ist es gut, dass die Zeit heilsam so manche brutal uns gesandten Schicksalsschlägen verschließt und uns durch nachträgliche frohe Stunden selbst zurückgebliebene Narben übersehen lässt. Aber es gibt auch Lebensabschnitte, die man nicht vergessen soll. Einmal, um uns vor Ähnlichem zu bewahren, zum anderen, um uns nach überlebtem Leid doppelt der besseren Zeit erfreuen zu können.“

Major Fedinand Mosbauer
1946 in englischer Gefangenschaft

Noch vor drei Jahrzehnten war das Thema Nationalsozialismus in Rothenburg weitgehend tabu, als ob es die zwölf Jahre der Entrechtung und Entmenschlichung nicht gegeben hätte. Lediglich Dieter Balb brachte im Fränkischen Anzeiger schon früh eine Artikelserie zur NS-Zeit heraus. Doch zu einer umfassenden Aufarbeitung anderer, die man erwarten konnte, kam es nicht. Dagegen wurde in zeitnahen und zeitfernen Schilderungen der Bombardierung die „Opferrolle“ der Stadt und ihrer Einwohner unter der „Flammenwalze feindlicher Bomber“ in allen Einzelheiten darstellt. In den letzten Jahren erforschte eine Gruppe von Bürgern unterm Dach des Evangelischen Bildungswerks die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Rothenburg und damit auch ihr tragisches Ende in der NS-Zeit.

Auch wenn der Verein Alt-Rothenburg in den letzten Jahren sich des Themas in Publikationen lobenswert annahm, so haben bis heute diejenigen, die für die Darstellung der Stadtgeschichte Verantwortung getragen haben und tragen, die Jahre des Nationalsozialismus umfassend und zusammenhängend nicht erforscht und somit auch nicht begreiflich gemacht, wie dieser nationalsozialistische Hochmut in Rothenburg schon in den 1920er-Jahren entstehen konnte und welche bösen Früchte er bis 1945 trug. Nicht nur die stark beklagte Bombardierung der Stadt mit 39 Toten.

Diese Online-Dokumentation, verantworten die Herausgeber und das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Rothenburg. Mit der Darstellung der Geschehnisse zwischen 1920 und 1945 und der Jahre danach bis etwa 1960 stehen wir erst am Anfang des Versuchs, die vielfältigen Fragen zu beantworten, wie es dazu kommen konnte, dass zwölf Jahre deutscher Geschichte, eigentlich nur ein Wimpernschlag, unauflöslich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten und mit dem Namen Adolf Hitler verbunden sind und sie ausreichten, Europa zu zerstören. Ohne die vielen kleinen Nazis in den Städten und Dörfern, ohne die vielen Mitläufer und Stummen wären diese zwölf Jahre nicht möglich gewesen. Damit lässt sich die unheimlich erscheinende Logik verbinden, dass diese Geschichte nur so und nicht anders abrollen musste.

Wenn wir auch glauben sollten, dass neben menschlicher Schuld ein blindes, oder doch in seinen Absichten für unsere Vernunft nicht fassbares Verhängnis im Spiele war, so dürfen wir uns der Erkenntnis nicht verschließen, dass viele der damals erwachsenen und somit wissenden Deutschen ein gewisses Maß von Schuld an dem haben, was in jenen Jahren zwischen 1933 und 1945 geschah.  Schuld, die nur bei einem Bruchteil der Betroffenen auf bösen Vorsätzen beruhte. Die meisten machten sich nicht mitschuldig mit dem, was sie taten, sondern machten sich schuldig an der Not, dem Unglück und den Verbrechen, das die Hitler-Zeit heraufbeschwor, weil sie nichts taten.

Wenn wir hier von der Mitschuld der vielen sprechen, die nicht eine Kollektivschuld, sondern rein persönlich von jedem einzelnen vor sich selbst zu verantworten ist, so geschieht das nicht, um über Vergangenes und Geschehenes zu richten. Es geht vielmehr darum, aus dem, was dem deutschen Volk zugestoßen ist, Lehren für die Zukunft zu ziehen, Lehren, die uns vor einer Wiederholung des tragischen Geschehens der Hitler-Zeit bewahren sollen. Dazu ist es notwendig, dass wir diese Vergangenheit möglichst genau unter die Lupe nehmen. Das gilt sieben Jahrzehnte nach den Ereignissen nur noch für die Nachkriegsgenerationen. Die Hitler-Zeit fand nicht nur in Berlin, Nürnberg oder München statt. Sie drang bis in die letzten Winkel des Landes, bis in die kleinsten Dörfer und bis in die Straßen und Häuser, hinein in jede Familie. Der Dichter Hans Henny Jahnn, schrieb es in einem Brief vom 8. April 1945 treffend:

„Wenn dieser Krieg einmal zu Ende sein sollte, dann werden die Menschen eine zeitlang nichts von ihm hören wollen. Sie werden den Versuch machen, wenn auch auf unzulängliche Weise, zu vergessen. Das Leiden, das Grauen, sie müssen überwunden werden. Jede neue Generation tut es, und selbst die gleiche vergisst in zwei, drei Jahrzehnten. Wäre es anders, so würden keine Kriege sein.“

 Dr. Oliver Gußmann, Wolf Stegemann


 

Kommentare sind geschlossen.