Saalschlacht im Hotel „Bären“ zwischen Sozialdemokraten und SA ging 1929 in die Stadtgeschichte ein

Hofbronnengasse: das Hotel Bären befindet sich auf der rechten Seite - heute noch

Hofbronnengasse: das Hotel Bären befindet sich auf der rechten Seite – heute noch

Von Wolf Stegemann

Nachdem nach dem Ersten Weltkrieg das Wahlrecht für Frauen eingeführt worden war, konnte 1919 auch in Rothenburg mit Maria Philipp eine Frau in den Stadtrat einziehen. Hatten die Sozialdemokraten vordem schon immer einen schweren Stand in Rothenburg gehabt, so konnten sie sich nach dem Ersten Weltkrieg in Rothenburg gut etablieren, hatten stets Vertreter im Stadtrat, kamen aber gegen die dichte rechtsnationale und rechtsextreme Stimmung in der Stadt und im Bezirk nicht an. Nur einmal mit den Fäusten. In der legendären Saalschlacht am 12. April 1929 im „Bären“ wollten SA-Männer die SPD-Versammlung mit dem damaligen SPD-Landtagsabgeordneten und Münchener Staatsanwalt Wilhelm Hoegner (1954 bayer. Ministerpräsident) durch eine provozierte Schlägerei sprengen. SPD-Mitglieder und Sympathisanten ließen sich das nicht gefallen und schlugen zurück. Es gab zahlreiche Verletzte. Wegen „der bei ihnen (SA) allgemein wahrzunemenden Rauflust“, wie ein Bezirksamtsvorstand schrieb, kam es selbst außerhalb von Versammlungen in ganz Mittel- und Oberfranken zu schweren Schlägereien. Nach der Schlägerei im „Bären“ gab es Gerichtsurteile. Dem entsprach diese„Bären“-Schlacht in der Kleinstadt. Michl Emmerling, der in der Nachkriegszeit ein angesehener SPD-Bürgermeister in Rothenburg werden sollte, wurde damals wegen gefährlicher Körperverletzung zu 30 Reichsmark Strafe verurteilt. Weiterlesen

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Der gewählte Weg in die Diktatur – Wahlen vor dem Ende der Weimarer Demokratie stärkten die NSDAP, Politik und Presse zogen daraus falsche Schlüsse

 „Das Jahr 1932 war eine einzige Pechsträhne. Man muss es in Scherben schlagen. Draußen geht der Weihnachtsfrieden durch alle Straßen. Ich sitze ganz alleine zuhause und grüble über so vieles nach. Die Vergangenheit war schwer, und die Zukunft ist dunkel und trübe; alle Aussichten und Hoffnungen vollends entschwunden.“

Josef Goebbels, 23. Dezember 1932

Wir wissen heute, der Karren ist nicht unbeweglich festgefahren. Der gewaltige nationalsozialistische Angriff auf den Staat ist abgeschlagen.“

Frankfurter Zeitung vom 1. Januar 1933

1932 war ein Jahr der Propaganda und Versprechungen aller Parteien

1932 war ein Jahr der Propaganda und Versprechungen aller Parteien

Von Wolf Stegemann

Eine der wichtigsten Wahlen vor dem Ende der Demokratie war die Reichstagswahl am 31. Juli 1932, wenige Monate vor der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler – und der Wahlkampf im Sommer 1932 mit 99 Toten und 1.125 Verletzten der gewalttätigste, den die Republik je erlebt hatte. Die Wahl brachte der NSDAP beträchtlichen Zuwachs, die SPD verlor Stimmen an die KPD, doch konnten sich beide Parteien stabilisieren. Leichte Zugewinne konnten die katholischen Parteien (Zentrum und BVP) erzielten. Der politische Liberalismus blieb auf der Strecke. Insgesamt bekamen die Gegner der Weimarer Republik bei dieser Wahl zum 6. Reichstag die Mehrheit, obgleich sie die Mehrheit parlamentarisch nicht erreichten. Daher musste am 6. November 1932 erneut gewählt werden. Weiterlesen

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Horst Wessel – sein kurzes Leben und sein langlebiges Lied: Wie die Propaganda seine Lebensgeschichte zum NS-Mythos verklärte und das Lied noch heute in den Köpfen herumspukt

Gemalte NS-Propganda-Postkarte: Kampf der SA gegen die Kommunisten

Gemalte NS-Propganda-Postkarte: Kampf der SA gegen die Kommunisten

Von Wolf Stegemann

Immer wieder, und das sehr oft, wird in unseren Artikeln über Rothenburger Ereignisse berichtet, dass bei Treffen der unterschiedlichen NSDAP-Gliederungen, aber auch bei kommunalen oder staatlichen Ereignisse nach der Nationalhymne das Horst-Wessel-Lied gesungen wurde. Und zwar bei jedem Anlass und so oft, dass der Text auch lange Zeit nach 1945 in den Köpfen der Menschen blieb. Darüber kann der Verfasser aus der eigenen Familie und jüngster Zeit berichten. Weiterlesen

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Rothenburg im Jahr 1933 – Mit der Machtübernahme änderte die Stadt auch optisch ihr Gesicht: Hakenkreuzfahnen, braune Uniformen, Fackelzüge und das übliche NS-Gedröhn

  • Vorbemerkung: Dieser als Überblick aufgebaute Artikel stützt sich im Wesentlichen auf die bemerkenswerte Artikelserie des Redakteurs Dieter Balb im „Fränkischen Anzeiger“, die zwischen Januar und April 1983 in 14 ganzseitigen Fortsetzungen erschienen ist. Dabei bezieht sich Dieter Balb überwiegend auf die Berichterstattung in der Lokalzeitung der Jahre 1920 bis 1933, die er auswertete, auf die Zulassungsarbeit von Ingrid Metzner über den Aufstieg der NSDAP 1920 bis 1933 sowie die vom NSDAP-Propagandaleiter Georg Höfler verfasste Parteichronik.

W. St. – Der Leitartikler des „Fränkischen Anzeigers“ mutmaßte am 29. Januar1933, dass es bereits in Kürze eine neue Reichsregierung geben würde, die „von den Parteien und Kräften der Harzburger Front getragen und parlamentarisch auch vom Zentrum toleriert“ werden wird. Schon zwei Tage später, am 31. Januar meldete die Lokalzeitung Hitlers Ernennung zum Reichskanzler und auch über einen „Kameradschafts- und Werbeabend  der SS“ im vollbesetzten Vereinshaus. Der Rothenburger SS-Sturm unter seinem Führer Kitzinger war damals 40 Mann stark. Der „Fränkische Anzeiger“: „Es ist etwas Großes und Herrliches, der nationalsozialistischen Bewegung die Treue geschworen zu haben.“ An diesem Abend erklärte der NSDAP-Ortsgruppenleiter Karl Zoller seine Solidarität mit Hitler und gegen die von Wilhelm Stegmann entfachte SA-Revolte des „Freikorps Franken“, die den Nationalsozialisten ein „Dorn im Auge“ war. Der NSDAP-Ortsgruppenleiter sagte: Weiterlesen

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„Du kehrst mit eisernem Besen aus / Und schaffst allen Unrat raus, / Die Gauner und die Taugenichts / Und was sonst faul und ranzig ist“ – Gedichte von Rothenburgern 1933

W. St. – Im Überschwall der Euphorie, dass Adolf Hitler „als deutscher Mussolini“ endlich die Demokratie weggefegt hatte, meinten einige Rothenburger, ihren Jubel darüber mehr oder weniger gut gereimt ausdrücken zu müssen. Der „Fränkische Anzeiger“ (FA) veröffentlichte eine Reihe solcher Gedichte. Darunter mögen auch Verseschreiber gewesen sein, die sich dem neuen Regime vor Ort einfach nur anbiedern wollten. Solche Gedichte gehörten eigentlich auch zu dem nationalsozialistischen Kitsch, der in jener Zeit landauf und landab produziert wurde – in Fabriken, Maler-Ateliers oder auf dem Papier. – Hier einige Beispiele: Weiterlesen

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„SA-Mann Brand“ – Eine Szene dieses Films von 1933 wurde in Rothenburg gedreht. Propagandaminister Joseph Goebbels kanzelte den Film als „nationalen Kitsch“ ab

Von Wolf Stegemann

Geredet wurde nicht viel über den Film, der gleich nach der Machtübernahme der Nazis 1933  teilweise in Rothenburg ob der Tauber gedreht wurde. Heute wissen dies nur noch wenige. Dass der Film vergessen wurde, mag auch daran liegen, dass der Streifen bereits 1934 kaum noch  aufgeführt wurde, weil er nicht nur handwerklich schlecht gemacht, sondern die „Hau drauf“-Propaganda, die in dem Film vordergründig überkommt, nicht mehr im Sinne des nunmehr staatstragenden Nationalsozialismus und somit von Propagandaminister Josef Goebbels war. In der Zeitschrift „Der Film“, Ausgabe vom 17. Juni 1933, ist folgendes Urteil zu lesen: Weiterlesen

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Blick nach Bossendorf: SA- und SS-Männer aus Rothenburg verprügelten im Mai 1933 brutal Einwohner. Danach mussten die Nazis ihre Uniformen abgeben

Ortsdurchfahrt in Bossendorf 2015; Foto: Wolf Stegemann

Ortsdurchfahrt in Bossendorf 2015; Foto: Wolf Stegemann

Von Harald Zigan

Eine Prügelorgie, die sich am 6. Mai 1933 in Bossendorf abspielte, hatte erstaunliche Folgen: Die Täter, sechs SA- und SS-Leute aus dem nahen Rothenburg, wurden zur Rechenschaft gezogen. Vier Monate nach der „Machtergreifung“ gab es offenbar noch letzte Reste von Recht und Gesetz in der NS-Diktatur – Terror und Willkür waren noch nicht durch staatliche „Lizenz“ auf breiter Basis gedeckt. Nur so lässt sich erklären, warum sich sechs Angehörige von SA und SS aus Rothenburg ob der Tauber für einen Gewaltexzess in Schrozberg-Bossendorf verantworten mussten. Weiterlesen

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