Die Deutsch-Mexikanerin Andrea Ellendt rief Anfang der 1920er-Jahre in ihren Versammlungen in Franken zur Gewalt gegen Juden auf – auch in Rothenburg und Schillingsfürst

Von Wolf Stegemann

Eine der schillerndsten Frauen in der Frühzeit von Adolf Hitler und Julius Streicher sowie deren „erfolgreichste“ Agitatorin und Verbreiterin eines ausgeprägten Judenhasses in Franken in den Jahren von 1920 bis 1923 war Andrea Ellendt. Sie trat auch in Rothenburg und Schillingsfürst auf, um ihre völkisch-antisemitischen Hetz- und Hasstiraden ihrem applaudierenden Publikum in vollbesetzten Sälen entgegen zu schleudern. Dabei stand sie dem Hetzredner Julius Streicher in nichts nach. Deshalb war Andrea Ellendt in jüdischen Kreisen besonders gefürchtet. Nach dem Historiker Uwe Lohalm (1970) gehörte sie zu den aktivsten Schutz- und Trutz-Bund-Agitatoren in Bayern und Franken, wobei sie dabei öfters mit Redeverbot belegt worden war. Judenfeindschaft bedeutete für sie „Befreiungs­tat“, aber auch „Racheakt“ und schließlich „Notwehr“. So hatte sie am 11. Mai 1922 in einer Versammlung für die NSDAP im unterfränkischen Marktbreit die „Ausschaltung und Beseitigung der Juden“ gefordert und an die Zuhörer appelliert: „Seit einig, wenn es gilt, Rache an den Juden zu üben!“ Die Gewalt gegen Juden wurde zu jener Zeit zunehmend gesellschaftlich akzeptiert. Weiterlesen

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Michl Emmerling: Sein Leben war vor 1933 und nach 1945 von einem ununterbrochenen sozialdemokratischen Engagement für Menschen und das Menschliche geprägt

Von Wolf Stegemann

„Michl Emmerling war ein Sozialdemokrat alten Schlages, ein Mann, der seiner Partei die Treue auch unter erschwerten Umständen hielt und der nach dem Zusammenbruch, gleich vielen seiner Parteifreunde, ein hohes Maß an Arbeit zum Aufbau eines freiheitlich-demokratischen Staates geleistet hat. Die SPD darf stolz sein auf einen Mann, wie Michl Emmerling es war; in der Geschichte der örtlichen Parteiorganisation wird sein Name stets in Ehren gehalten werden…“

Mit diesen Sätzen gedachte der „Fränkische Anzeiger“ am 5. April 1977 in einem umfangreichen Nachruf des Mannes, der „durch sein jahrzehntelanges Wirken“ zum Wohl der  Allgemeinheit vor allem in der Nachkriegszeit Rothenburg seinen politischen und sozialen Stempel aufgedrückt hatte. Mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg, wie es eben die politischen Verhältnisse in der Tauberstadt dies zuließen. Wenige Wochen vor seinem 84. Geburtstag starb er in seiner Heimatstadt. Weiterlesen

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„Reichsflagge“, „Reichskriegsflagge“, „Altreichsflagge“ und andere rechtradikale und antisemitische Verbände in Franken und Rothenburg ob der Tauber

Schwarz-weiß-rote Reichsflagge

Schwarz-weiß-rote Reichsflagge

Von Wolf Stegemann

Zu den frühen Antisemiten gehört vor allem der militärische Wehrverband „Bund Reichsflagge“, der im Frühsommer 1919 in Nürnberg entstand und seinen regionalen Schwerpunkt in Franken hatte. Zu seinen Spitzenzeiten hatte er bis zu 20.000 Mitglieder. Geführt wurde der Bund von dem aktiven Reichswehr-Hauptmann Adolf Heiß (1882-1945), der den Wehrverband während des Kapp-Putsches gegen revolutionierende Arbeiter in Nürnberg einsetzte und ihn dann mit Hilfe des Nürnberger Polizeichefs Heinrich Gareis (1878-1951) zu einer besonders straff organisierten Truppe ausbaute. Das Programm war antirepublikanisch und monarchistisch. Erkennungszeichen war eine gepanzerte Faust, die nach der kaiserlichen Reichsflagge greift. 1927 trat der Verband geschlossen dem „Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten“ bei. Weiterlesen

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In Rothenburg stieg die Zustimmung zum Nationalsozialismus stetig an. Von der sozialdemokratischen über die rechtskonservativen zur nationalsozialistischen Vorzeige-Stadt

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, als das Kaiserreich in Scherben fiel, zu dem der deutschnationale und konservative Hochmut beitrug, waren es die Sozialdemokraten, die den Staatskarren wieder flott machten, da die, die ihn an die Wand fuhren entweder abtauchten oder ins Exil gingen. Die Wähler hatten genug von den rechten Parteien. Daher war bei den Wahlen Anfang 1919 die SPD reichsweit die wichtigste Partei. Sie erreichte in Wahlkreis Rothenburg über 40 Prozent der Wählerstimmen. In getrennten Kommunalwahlen erhielten die Rothenburger Sozialdemokraten acht von zwanzig Stadtratssitzen. Maria Philipp (SPD) wurde der erste weibliche Stadtrat und Otto Schneider (SPD) einstimmig stellvertretender Bürgermeister, was die Sozialdemokraten zu großem Optimismus anregte, wie Joshua Hagen in seinem Buch „Preservation, Tourism and Nationalism“ schrieb. Weiterlesen

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Schwerpunkt der „Hitlerbewegung“ war nach 1923 Mittel- und Oberfranken – Brückenfunktion zwischen Braunem Haus in München und Reichskanzlei in Berlin

Sturm-Abteilung (SA) vor 1933 in Franken

Sturm-Abteilung (SA) vor 1933 in Franken

Von Dr. Rainer Hambrecht

Für die Geschichte der NSDAP gewann Franken – besonders Mittel- und Oberfranken – zwischen 1920 und 1933 eine Bedeutung, die weit über den numerischen Anteil dieser Region an der Reichs­fläche und -bevölkerung hinausging. Zunächst allerdings ver­hinderte die völkische Bewegung in Franken, die unter wechselndem Namen (Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund, DSP, DW) auftrat, bis zum Herbst 1922 eine weitere planvolle Ausbrei­tung der frühen NSDAP. Die Ursache lag vor allem im konkur­rierenden Anspruch Adolf Hitlers und Julius Streichers auf die alleinige Führung der süddeutschen Antisemiten. Erst als sich die aus eigenständigen Wurzeln erwachsene völkische Bewegung Nordbayerns im Oktober 1922 der NSDAP anschloss und sich hier neben München und Oberbayern ein weiteres NS-Zentrum entwickel­te, waren die Voraussetzungen geschaffen, um der Hitlerbewe­gung in den folgenden Jahren ein gewisses Übergewicht über die norddeutschen „nationalsozialistischen“ Gruppierungen zu sichern. Nach der Machtergreifung wurde die Brückenfunktion Frankens auf dem Weg von München nach Berlin, vom Braunen Haus zur Reichskanzlei, vielfach betont. Weiterlesen

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„Wesentlich war, daß der Nationalsozialismus Sieger bleiben musste … Die starke Versammlungstätigkeit verschlang große Mengen Propagandamaterial“ – Aus der NSDAP-Chronik 1929

29. Januar: Am 27. Januar 1929 fand in der Stadt die erste Versammlung dieses Jahres statt. Dazu wurde die gesamte SA aufgeboten, da man nicht wusste, ob seitens der Marxisten Sprengversuche unternommen würden. Die Versammlung verlief aber ruhig. Es mögen 150 Personen anwesend gewesen sein. Redner war Pg. Benesch, Ansbach. Weiterlesen

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Entwicklung der SA in Franken 1930 bis 1933: Braunhemden bewaffneten sich heimlich und illegal und wurden so zu einer starken paramilitärischen Organisation der NSDAP

Werbeplakat der SA in Bayern 1933

Werbeplakat der SA in Bayern 1933

Von Dr. Rainer Hambrecht

Die Radikalisierung der SA manifestierte sich nicht nur verbal, sondern schlug sich in zahlreichen SA-internen Maßnahmen nieder. Konnte man das Ausforschen der politischen Gegner in den Schaltstellen staatlicher Macht und das der feindlichen Ver­bände, wie es von SA-Beobachtern angesichts der damaligen Hochspannung und der gleichen Praxis bei Rotfront und Reichs­banner bzw. Eiserner Front betrieben wurde, noch in den Bereich des Üblichen rücken, so mussten doch mancherorts anzutreffende NS-Lichtbildstellen mit Abbildungen führender Persönlichkeiten, wichtiger Bauten und Einrichtungen des Gegners nachdenklich stimmen. In Reichsführerschulen wurden dem Führerkorps nicht nur ideologische sondern auch militärische Inhalte vermittelt. Weiterlesen

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