Von Wolf Stegemann
Der frühere Stadtamtmann Hans Wirsching, der das Amt als Verwaltungsleiter im Rothenburger Rathaus versah, war von 1900 bis 1945 in Rothenburg tätig. 2013 hielt Karl Thürauf im Verein Alt-Rothenburg einen von Kennern stark kritisierten Vortrag über diesen Mann, der seitdem als „Retter der Stadt“ öffentlich apostrophiert wird. Doch war er das? War er es, der Mitte April 1945 dafür gesorgt hatte, dass die Amerikaner Rothenburg kampflos besetzen konnten? Auf einer Seite der Homepage des Vereins Alt-Rothenburg sind bis heute (Stand 18. Oktober 2014) Szenenfotos des Vortragsabends mit großen Lettern „Retter der Stadt Rothenburg“ wie eine Werbung umrahmt. „Retter der Stadt“ – ein hoher Ehrentitel.
Zwei unterschiedliche Schilderungen der Ereignisse
Nach Durchsicht von Dokumenten, Zeitungsartikeln, Einlassungen und Briefen sowie veröffentlichten und nicht unveröffentlichten Erinnerungen von Beteiligten gibt es bislang zwei Unterschiedliche Versionen über die „Rettung“ der Stadt. Eine von Hans Wirsching selbst, die andere von dem amerikanischen „Stars & Stripes“-Journalisten und Parlamentär William M. Dwyer, die er in einem Buch veröffentlichte (siehe: „Sechs US-Parlamentäre überredeten den Kommandanten von Rothenburg kampflos abzuziehen“ in dieser Dokumentation). Demnach haben sechs US-Parlamentäre, die auf Veranlassung des US-Ministers John J. McCloy nach Rothenburg geschickt wurden, unter der weißen Fahne den deutschen Kommandanten überzeugt, die Stadt kampflos zu übergeben, andernfalls nach Ablauf der Stundenfrist die Stadt beschossen werden würde. Der deutsche Offizier sagte zu, die Stadt nachts zu räumen. Beide Schilderungen unterscheiden sich sowohl in Details, was normal ist, aber auch in wesentlichen Aussagen, die sich mit dem Aspekt der „Rettung“ der Stadt am 16. April und in der folgenden Nacht befassen. Wer brachte es fertig, das deutsche Militär dazu zu bewegen, sich aus der Stadt zurückzuziehen, wo doch nach Anordnung des NSDAP-Kreisleiters „bis zum letzten Mann“ gekämpft werden sollte? War es Wirsching oder waren es die sechs Amerikaner? Wäre dieser Rückzug nicht erfolgt, hätte es viele Tote in der Stadt gegeben, die dann restlos zerstört worden wäre. Hans Wirsching gab 1947 zu verstehen, dass er es gewesen sei. Doch diese Aussage ist kritisch zu hinterfragen, was man eigentlich schon 1950 hätte tun können. Denn William M. Dwyer war in jenem Jahr (und 1985) zu Besuch in Rothenburg, erzählte seine Geschichte und trug sich in das Goldene Buch der Stadt ein:
„Ich war ein Mitglied der Waffenstillstandsdelegation, die im April 1945 nach hier kam, um wegen der Übergabe Rothenburgs zu verhandeln. Damit kamen wir dem Wunsche John J. McCloy nach, dass der schönen Stadt ein Artilleriebeschuss erspart werden möge. Die Stadt wurde am anderen Tag kampflos besetzt.“
US-Parlamentäre forderten den Rückzug deutscher Soldaten aus der Stadt
In Hans Wirschings Version, aufgeschrieben am 8. September 1947 mit Zusätzen am 10. Dezember 1948 und 13. Februar 1950 werden die erwähnten US-Parlamentäre nicht genannt. Stattdessen hätte er, Wirsching, in vielen Gesprächen den in Rothenburg stationierten Kommandeur der 79. Grenadier-Division überreden können, die deutschen Truppen aus der Stadt zurückzuziehen, damit die Amerikaner ohne Zerstörung die Stadt besetzen konnten. Dem widerspricht der Bericht des damaligen Standortoffiziers Major Dr. Kurt von Seeger vom 30. April 1956, der die vorausgegangene Abmachung zwischen US-Parlamentären und dem Divisionskommandeur Thommes („Aktion von McCloy“) bestätigt:
„Ich setzte deshalb meinen ganzen Einfluss dafür ein, dass Rothenburg sofort geräumt würde, Nach langen Verhandlungen am 16. April mit dem Kommandeur der im Abschnitt eingesetzten 79. Volksgrenadier-Division wurde endlich erreicht, „dass Rothenburg in der Nacht vom 16. auf 17. April zu räumen sei. Der Räumungsbefehl war streng geheim. … Ich setzte mich unmittelbar nach der militärischen Besprechung mit Herrn Stadtamtmann Wirsching in Verbindung und setzte ihn in Kenntnis.“
Demnach waren die Verhandlungen, die zum Ergebnis der Räumung der Stadt führten, nach dieser Version, die der ehemalige Divisions-Kommandeur Major a. D. Fritz Thommes in den 1950er-Jahren bestätigte, ohne Zutun des Stadtamtmanns erfolgt. Er wurde danach lediglich „in Kenntnis“ gesetzt. Karl von Seegers bestätigte in einem Zeitungsartikel vom 8. April 1958 in der „Stuttgarter Zeitung“ wiederum, was der amerikanische Soldat William M. Dwyers über seine Vereinbarung mit dem Rothenburger Divisionschef Thommes vereinbart hatte. Über Dwyers Version berichteten am 13. März 1985 die „Stuttgarter Nachrichten“. 2009 erschienen in Lawrencville (USA) die Erinnerungen William M. Dwyer als Buch „So Long for Now. World War Memoir“, in dem die Geschichte der US-Parlamentärsgruppe auf dem Weg nach und in Rothenburg ausführlich geschildert ist (siehe unsere Literatur-Seite). – Und was schreibt der Verein Alt-Rothenburg 2013 – bezogen auf den Vortrag von Karl Thürauf – in seiner Homepage zu den Umständen der kampflosen Besetzung der Stadt?
„Fest steht, dass Hans Wirsching durch seine Verhandlungen mit den deutschen Militärs und durch Kontaktaufnahme mit den Amerikanern erreichte, dass die deutschen Einheiten ihre um die Stadt postierten Flakeinheiten abzogen und auf der Frankenhöhe eine neue Verteidigungsstellung aufbauten – mit entsprechend katastrophalen Folgen etwa für Linden und Obernordenberg. … Den Abzug der deutschen Truppen aus Rothenburg und der unmittelbaren Umgebung hat er [Wirsching] höchstwahrscheinlich in eigener Verantwortung und unter Lebensgefahr bewerkstelligt…“
Politische Herkunft vor 1933 verschwiegen: Gefängnis
Erst als die Amerikaner in den Morgenstunden des 17. April 1945 in der Stadt einrückten, zuvor noch einen Parlamentär schickten, der herausfinden sollte, ob sich das deutsche Militär an die Abmachungen gehalten hatte, trat Hans Wirsching als einer der wenigen zurückgebliebenen städtischen Beamten in öffentliche Erscheinung. Die Amerikaner machten den Stadtamtmann ad hoc zum Bürgermeister, dann zum Landrat. Wochen später entzogen sie ihm diese Ämter wieder, weil sich herausstellte, dass er durch Verschweigen unwahre Angaben im berüchtigten „Fragebogen“ der Entnazifizierung machte. Er gab nicht an, dass er vor 1933 auf der Kandidatenliste der nationalistischen, völkischen, antisemitischen und kaiserlich-monarchistischen „Deutschnationalen Volkspartei“ (DNVP) gestanden hatte, die bis zur Auflösung 1933 mit der NSDAP kooperierte. Als die Amerikaner ihn zur Rede stellten, sagte Hans Wirsching, dass er ohne sein Wissen auf die Kandidatenliste der DNVP geraten sei. Dennoch brachten sie ihn im Januar 1946 zuerst ins Rothenburger, dann ins Uffenheimer Gefängnis und anschließend ins Zuchthaus Amberg. Von dort wurde er aufgrund von „Persilschein“-Erklärungen von Rothenburgern, darunter auch die Pfarrämter, Ende Oktober 1946 freigelassen. Er kam nach Rothenburg zurück, wo ihn viele bejubelten, ihn einige aber auch „süßsauer grüßten“, wie er schrieb.
Den Ruhm der Stadt in die Welt hinausgetragen
Über Hans Wirschings Wirken vor 1933 und nach 1945 ist viel bekannt, viel geschrieben und viel gelobt worden. Mit Recht. Da hätte es die nachträgliche und falsche Stilisierung zum „Retter der Stadt“ nicht gebraucht. Über die Zeit zwischen 1933 und 1945 ist nichts bekannt – bestenfalls wenig Belegbares. Wollte und will man durch den Ehrentitel „Retter der Stadt“ von seiner Tätigkeit als Stadtamtmann zwischen 1933 und 1945 ablenken? Ein Schelm, der Böses dabei denkt!
Nach Kriegsende lebte Hans Wirsching noch zehn Jahre. In dieser Zeit wurde er im Entnazifizierungsverfahren freigesprochen, erhielt seine Beamtenbezüge wieder, wurde 1955 – wenige Monate vor seinem Tod – noch Ehrenbürger der Stadt Rothenburg. Oberbürgermeister Dr. Erich Lauterbach, von 1933 bis 1945 NSDAP-Mitglied, sprach bei der Verleihung am 5. Februar 1955 von „Dienen“ und „Pflichterfüllung“ und dass Hans Wirsching „den Ruhm der Stadt in die Welt hinausgetragen“ habe, womit vermutlich seine Artikel in dem von G. Harro Schaeff-Scheefen im Holstein-Verlag 1950 vorgelegten Buch „Rothenburg. Schicksal einer Landschaft“ (siehe Literatur-Seite) und seine Aufsätze in der vom Verein Alt-Rothenburg herausgegebenen Beilage des Fränkischen Anzeigers, „Die Linde“ gemeint war.
Rothenburg war Wirschings „Lebensaufgabe und Schicksal“
In der Ehrenbürger-Urkunde steht als Begründung lediglich „besondere Verdienste“ und der Satz: „Herr Stadtamtmann a. D. Hans Wirsching hat durch seine hervorragenden Leistungen auf allen Gebieten des kommunalen Lebens die Stadt Rothenburg ob der Tauber zu großem Dank verpflichtet.“ – Ist „Pflichterfüllung“ für einen Beamten und auch für Jedermann nicht etwas, das man erwarten darf? Die auf ihn gemünzten Worte Erich Lauterbachs in der Laudatio mussten den 78-Jährigen sicherlich berührt haben, als er hörte:
„Alle ihre Leiden mussten Sie mit ihr [gemeint die Stadt] teilen, Sie wurden auf ihren Höhen getragen, aber auch in ihre Tiefen mit hinabgezogen. Sie erlebten in und mit ihr den Krieg und den Frieden, die große Zerstörung und alle Demütigungen, die der verlorene Krieg mit sich brachte. Man stellte Sie an den Pranger und sperrte sie ein. … Ja glücklich ist eine Stadt, die solche Männer ihr eigen nennen darf und groß ist ein Rat, der die Taten dieser Männer dankbar würdigt…“
Hans Wirschings Sohn, Christoph W., damals Regierungsrat in Bonn, dankte dem Bürgermeister in einem Schreiben, das stellenweise im Nazi-Jargon abgefasst ist, über die Absicht, seinen Vater zum Ehrenbürger zu machen. Sein Vater habe Rothenburg als seine „Lebensaufgabe und sein Schicksal“ gewählt.
„Umso schwerer hat es ihn getroffen, zweimal – 1933 und 1946 – Verdächtigung, Verfolgung und Kränkung als Lohn seiner Bemühungen erfahren zu müssen. Er und wir haben aber ebenso wenig vergessen, dass es stadt- und landfremde Elemente waren, die ihn zu demütigen versuchten…“
Verdächtigung und Kränkung 1933? Das müsste Hans Wirsching eigentlich zur Ehre gereicht haben!
Es funktionierte durch Anpassung und Mitmachen
In der Ehrenbürger-Urkunde steht „Auf allen Gebieten des kommunalen Lebens“. Als Stadtamtmann war Wirsching der Verwaltungschef der jeweiligen Bürgermeister. Diesen „diente“ er und erfüllte seine Pflicht – auch in den zwölf Jahren der NS-Diktatur. In dieser Zeit war er verantwortlich für das Funktionieren der Stadtverwaltung. Dazu konnte er erfolgreich nur durch Anpassung und Mitmachen beitragen. Widerstand gegen menschenverachtende Verordnungen von Partei und Regierung, welche die Verwaltung zu vollziehen hatte, ist nicht bekannt. Widerstand hätte gegen seine Auffassung von Pflicht verstoßen. Daher mochte er die von ihm betriebene „Arisierung“ jüdischen Eigentums für die Stadt als Pflicht aufgefasst haben. Es gab aber auch andere Pflichtauffassungen. Es gab Polizisten, die im Rahmen ihrer Handlungsspielräume Widerstand leisteten, es gab eine kleine Bankangestellte, die das tat, es gab einen Deserteur, der das tat und die Männer von Brettheim, die das taten. –
In der „Fränkischen Landeszeitung“ erschien am 7. Februar 1955 die Lebensgeschichte Hans Wirschings. Darin ist die inzwischen widerlegte Rettungstat des Stadtamtmanns nachzulesen:
„Noch einmal im April sollte für Hans Wirsching eine Stunde der Bewährung kommen: Durch sein mutiges Eintreten für eine kampflose Übergabe bewahrte er, gemeinsam mit anderen Mitbürgern, Rothenburg vor einem furchtbaren Schicksal, um sofort nach der Kapitulation tatkräftig an den Wiederaufbau des gemeindlichen Lebens heranzugehen…“
Hans Wirsching als „Arisierer“ der Stadt
Hans Wirsching übernahm am 26. Mai 1943 für die Stadt notariell das 296 Quadratmeter große Grundstück des jüdischen Friedhofs mit Haus, das lt. Grundbuch noch der Israelitischen Kultusgemeinde Rothenburg gehörte. Da diese 1938 ausgelöscht wurde, stand es formell zwar noch im Eigentum der von der Gestapo bzw. vom Reichssicherheitshauptamt eingerichteten Nachfolgeorganisation „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“. Bei der formellen Übernahme („Arisierung“) des Friedhofs vertrat der Stadtamtmann vor dem Notar in persona sowohl den Verkäufer, nämlich die untergegangene jüdische Gemeinde bzw. deren Rechtsnachfolgerin als auch den Käufer, die Stadt Rothenburg. So waren sich „Verkäufer“ und „Käufer“ über den Kaufpreis von 310 Reichmark sicherlich schnell einig geworden (Urk.Rolle Nr. 322). Im Kaufpreis enthalten waren auch alle Grabsteine, die später von der Stadt an Steinmetze zum Abschleifen und zur Weiterverwendung veräußert wurden. Den Kaufpreis überwies die Stadt auf das Alibi-Konto der „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“, also direkt an die Gestapo bzw. den Reichsfiskus. Die Reichsvereinigung wurde 1943 ersatzlos aufgelöst. Zynisch steht in dem Notariatsvertrag, dass „beide Vertragpartner eine Ausfertigung des Vertrages“ erhielten. Überspitzt gefragt: Hat der Notariatsvertreter die Abschrift ins KZ nachgeschickt? – Weitere „Arisierungsfälle“ in Rothenburg werden demnächst in dieser Online-Dokumentation dokumentiert.
Feier zum 60. Geburtstag ohne den üblichen NS-Pomp
1937 wurde Hans Wirsching 60 Jahre alt. Das war für den Bürgermeister und die Feuerwehr Anlass, in einer Feierstunde dem Stadtamtmann zu danken, da er seit über „einem Lebensalter im Dienste der Stadt Rothenburg“ stand und in „Gefolgschaftstreue, Zielsicherheit und Liebe für diese Stadt gearbeitet“ habe. Erstaunlich ist in der Berichterstattung des „Fränkischen Anzeigers“ diesmal das fehlende Pathos von Sieg-Heil und nationalsozialistischem Tamtam dieser Jubilarfeier. Offensichtlich hat es ein solches nicht gegeben. Im Mittelpunkt der Feier stand vielmehr die lange Dienstzeit des Jubilars, sein Einsatz für die Feuerwehr, seine Arbeitsfreudigkeit, Gesundheit und Schaffenskraft. Ein wenig politisch wurde es dann doch noch (aber nur in der Zeitung), als der Berichterstatter den Verfall des Deutschen Reiches und Volkes und die unmoralische Zeit vor der „nationalen Erhebung“ beschrieb, die der Jubilar erleben durfte.
Von der Pike auf den Verwaltungsfachmann gelernt
Hans Wirsching wurde im unterfränkischen Iffigheim bei Marktbreit 1877 geboren, verstorben ist er 1955 in Rothenburg ob der Tauber. Dazwischen lag sein Leben als Kommunalbeamter in den Rathäusern von Ochsenfurt, Marktsteft und zuletzt von Rothenburg. Wie es damals üblich war, lernte Hans Wirsching seinen Beruf von der Pike auf. 1900 kam er nach Rothenburg ob der Tauber, wurde sogleich „Zweiter Polizeioffiziant“ und 1929 zum Stadtamtmann ernannt. 1945 beschloss er seine Karriere als Verwaltungschef mit dem Ruf, insbesondere für die „kleinen Leute“ da zu sein, zu denen er von Haus aus auch gehörte.
In vielen Vereinen Bürgernähe gezeigt
Hans Wirsching erwarb sich bald den Ruf eines bürgernahen Verwaltungsbeamten, ein solcher war er sicherlich auch, denn die Vereine, in denen er aktiv tätig war, wussten seine Aktivitäten zu schätzen: der Verein Alt-Rothenburg, die Freiwillige Feuerwehr, bei der er zeitweise Kreisbrandmeister war, die Sanitätskolonne, aus der später das Rote Kreuz wurde; auch förderte er den Fremdenverkehr. Im Ersten Weltkrieg war Hans Wirsching an der Front und im Zweiten Weltkrieg organisierte er den Lazarettbetrieb in Rothenburg, war viele Jahre Souffleur im Festspiel „Der Meistertrunk“ und errichtete das Volksbad am Schrannenplatz, weil viele Häuser keine Bäder hatten. Er gründete den Ziegenzuchtverein, denn im Zweiten Weltkrieg bestand für Ziegenmilch keine Erfassungs- und Ablieferungspflicht, gründete den Gemeindebeamtenverein, den Kleinrentnerverein und richtete nach 1945 Volksküchen und Wärmestuben ein.
Welches Fazit ist zu ziehen?
Wie ist nun Hans Wirschings Verhalten in der NS-Zeit zu bewerten? Kann man dies überhaupt? Die Fakten und Brüche im Leben dieses Mannes mögen für sich sprechen. Nur eines sei gesagt: Persönlichkeiten wie Hans Wirsching und andere waren die vielen Rädchen eines verbrecherischen Systems, das ohne diese funktionierenden, nicht kritischen und immer dienstbeflissenen Menschen sich nicht hätte etablieren und die vielen grausamen Verbrechen begehen können.
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Quellen: Brief Christoph Wirsching an Oberbürgermeister von Rothenburg vom 29. Januar 1955 (Stadtarchiv Rothenburg). – Fränkischer Anzeiger vom 16. Januar 1937. – Urk.Rolle Nr 322 Kaufvertrag Jüdischer Friedhof vom 26. Mai 1943 (Stadtarchiv Rothenburg). – Karl Thürauf: „Stadtamtmann Hans Wirsching (1877–1956). „Der Retter von Rothenburg“ in „Die Linde“ 95 (2013). – Richard Schmitt: „Dieser Befehl, von dem alles abhing, wurde tatsächlich sofort gegeben … Anmerkungen zum 17. April 1945“ in „Die Linde“ 95 (2013). – Verein Alt-Rothenburg Text über den Wirsching-Vortrag von Karl Thürauf (2013). – „Fränkische Landeszeitung“ vom 7. Februar 1955. – Weitere Quellen sind im Text angegeben!
Der Artikel wird Hans Wirsching nur teilweise gerecht. Sicher war er ein Mann großen Pflichtbewußtseins. Rothenburg lag ihm am Herzen. Als Freimaurer hat er seinen Sohn Christoph Wirsching schon früh vor Hitler gewarnt. Seine Einstellung war stets liberal und nach meinem Kenntnisstand pflegte er schon während des Krieges Kontakte in die USA, nach Kanada und England. Das zeigt, dass man Hans Wirsching nicht in die völkische Schublade stecken sollte.
Ursula Bauer geb. Wirsching