Das nationalsozialistische Feierjahr (I): Politische Erinnerungsfeste, religiös verbrämter Kult, Erntedank, Feuer, Fackeln und Führers Geburtstag, propagandistisch benutztes Brauchtum

feste-Fackelzug SAVon Wolf Stegemann

Die Kult- und Feierformen des Nationalsozialismus riefen in erster Linie eine emotionale Wirkung hervor. Dadurch sollten die Feste und Feiern in den Alltag der Menschen hineinwirken und ihn weitestgehend bestimmen. Um wirklich alle Menschen damit erreichen zu können, wurden nicht nur Massenveranstaltungen in Großstädten organisiert, sondern Feste und Veranstaltungen auch auf lokaler und regionaler Ebene nachgeahmt – bis hin ins kleinste Dorf zwischen Kiel und Kufstein. Dazu der Historiker Wolfgang Benz: „Nationale Feiern, der Führerkult, die Hitlerreden, der Unterhaltungs-, Freizeit- und Kulturbetrieb des Dritten Reiches waren Inszenierungen der NS-Propagandamaschinerie.“

Ankündigung zum 1. Mai 1933; FA vom 25. April 1933

Ankündigung zum 1. Mai 1933; FA vom 25. April 1933

NS-Feiern waren Parallelunternehmen zum Kirchenjahr

Innerhalb des gesamten Spektrums der nationalsozialistischen Feiern wurden im Dritten Reich Staatsfeiertage, Gedenktage der Partei und „brauchtümliche“ Feiertage als Konkurrenz- und Parallelunternehmen zum Kirchenjahr zu einem kanonischen nationalsozialistischen Feierjahr zusammengefasst. Eine feste Ordnung sollte die Macht und Einheit von Partei und Staat Ausdruck verleihen und die Volksgenossen einbeziehen. Adolf Hitler selbst schuf die Grundlagen des NS-Feierstils, Propagandaminister Josef Goebbels perfektionierte ihn und entwickelte neue Formen. Er besaß auf dem Gebiet der Feiergestaltung die meisten Lenkungsbefugnisse. Eigens geschaffene Ämter in Propagandaministerium und in der Reichspropagandaleitung planten, organisierten und überwachten gleich Ritenkongregationen die nationalsozialistischen Feiern. Eine eigens seit 1935 monatliche herausgegebene Parteizeitschrift diente der Vereinheitlichung und Lenkung der Feiergestaltung auf den unteren Ebenen wie Kreise und Städten. Für die Lebensfeiern und Morgenfeiern, die erst während des Krieges stärker ausgebaut wurden, konnte sich der NS-Chefmythologe Alfred Rosenberg in einem Kompetenzstreit mit Goebbels schließlich die Lenkungsbefugnisse sichern. Morgenfeiern waren der NS-Ersatz für kirchliche Morgenandachten und sonntägliche Gottesdienste. Wolfgang Benz:

„Der fast immer gleiche, stereotype Ablauf verschiedener Feste und Feiern führte letztlich zur Erstarrung und Austauschbarkeit der einzelnen Festprogramme, sie erschöpften sich zunehmend in militärischem Zeremoniell. Feste und Feiern des Nationalsozialismus haben mit dem Idealfall eines Fests oder einer Feier, in dem alle Teilnehmer freiwillig miteinbezogen sind, in dem Spontaneität und persönliches Mitgestalten im Vordergrund stehen, nichts mehr gemein.“

Der NS-Festkalender im Jahreskreis

Der nationalsozialistische Festkalender begann am 24. Januar mit einem Parteifeiertag zur Erinnerung an die Verkündung des Parteiprogramms 1920. Den „Tag der Machtergreifung“ feierten Staat und Partei mit einer Hitlerrede vor dem Reichstag am 30. Januar. Abends wurde in Berlin alljährlich der Fackelzug vom 30. Januar 1933 wiederholt. Der „Heldengedenktag“ im März, zelebriert mit Wehrmachtsparaden, hatte den Volkstrauertag der Weimarer Republik abgelöst. Am letzten Sonntag im März wurden die Vierzehnjährigen feierlich in die Hitlerjugend aufgenommen („Verpflichtung der Jugend“); am Vorabend von Hitlers Geburtstag gab es den Aufnahmeappell der Zehnjährigen fürs Jungvolk. „Führers Geburtstag“ am 20. April wurde mit Militärparaden in allen Garnisonsstädten und einer Parteifeier (meist in München) begangen sowie in allen Orten des Reiches. Der 1. Mai, als „Tag der nationalen Arbeit“ mit Brauchtums- und Volkstanzgruppen gefeiert, sollte den Tag der internationalen Arbeitersolidarität aus dem Gedächtnis drängen. Ihm folgte am 2. Maisonntag der Muttertag – auch er war keine nationalsozialistische Erfindung, ist aber erfolgreich für die NS-Ideologie in Anspruch genommen worden. Ab 1938 wurde er auf den 3. Maisonntag festgelegt. Zur Sonnwendfeier der Sommersonnenwende am 21. Juni trafen sich in den meisten Orten des Reichs Partei, Hitlerjugend und Volksgenossen an groß errichteten Feuern, ebenso an der Winterwende.

Der Hoheitsadler am Reichstagsgelände; Abdruck eines Gemäldes des Rothenburgers Rudolf Schacht

Der Hoheitsadler am Reichstagsgelände; Abdruck eines Gemäldes des Rothenburgers Rudolf Schacht

Im Zenit stand der Reichsparteitag in Nürnberg

Den Zenit erreichte das Feierjahr alljährlich in der ersten Monatshälfte im September mit dem Reichsparteitag in Nürnberg. Darauf folgte Anfang Oktober das von Hunderttausenden besuchte „Reichserntedankfest“ auf dem Bückeberg bei Hameln, wo Hitler zum Erntealtar auf der Bergkuppe schritt, um vom Bauernstand die Erntekrone im Namen der Nation entgegenzunehmen.

Am Abend des 8. November trafen sich im Münchener Bürgerbräukeller die „Alten Kämpfer“, um des versuchten Hitlerputsches von 1923 zu gedenken. Die Niederlage von 1923 sollte in einen Triumph verwandelt werden. Am Tag darauf, am 9. November, wurden die „Blutzeugen der Bewegung“ mit einem Festzug in historischem Kostüm und makabrem Zeremoniell geehrt, am gleichen Tag wurden die Herangewachsenen der HJ in die NSDAP übernommen. Den Abschluss bildeten die nächtlichen Treueschwüre des SS-Nachwuchses. Weniger Resonanz fanden die beiden letzten Ereignisse des NS-Kalenders, die Wintersonnenwende und die Germanisierung des Weihnachtsfestes als „Julfest“. Wolfgang Benz:

„Die Feiern und fröhlichen Selbstdarstellungen der ,Volksgemeinschaft’ waren alles in allem nur Kompensation für den angestrengten Lebensalltag im Dritten Reich und Lockungen, denen Zwang folgte. Festprogramme erschienen als Sonder- und Aufmarschbefehle, die oft Sätze wie die folgenden enthielten: ,Ich erwarte ebenso in allen übrigen Veranstaltungen von allen Beteiligten eine saubere und disziplinierte Haltung.’ Oder: ,Diese Kampflieder sind sofort gut einzuüben. Die Jugend muß sich am Singen mit Schwung beteiligen’.“

Nicht nur auf die einzelnen Festelemente und ihre Kombination wurde Einfluss genommen, die Reglementierung reichte bis zu den Festrequisiten. Ein wichtiges Festrequisit waren Fahnen, die bei keinem größeren Fest, keiner größeren Feier fehlen durften. Das Reichsflaggengesetz vom 15. September 1935 schrieb eine Beflaggung mit der Hakenkreuzfahne an vielen Festtagen von sieben Uhr früh bis zum Einbruch der Dunkelheit vor.

NS-Plakat zur Erinnerung an die Machtergreifung 1933

NS-Plakat zur Erinnerung an die Machtergreifung 1933

Jahrestag der Kanzler-Ernennung: Hitler-Mythos bestimmte die Feiern

Am 30. Januar wurde jährlich die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler gefeiert: „So gedachte man auch in der Stadt und im Kreis Rothenburg dieses bedeutenden Ereignisses. Glut­rot leuchteten die Fahnen des Sieges…“ Am 12. Februar zelebrierten die Rothenburger den Geburtstag Streichers und am 20. April den Geburtstag des „Führers“. Der Kreisleiter appellierte im „Fränkischen Anzeiger“ vom 19. April 1937 an die Bevölke­rung im Kreis Rothenburg:

„Fahnen heraus am Geburtstag des Führers! Der Geburtstag des Führers ist ein Freudentag der ganzen Nation! Wehen­de Fahnen sollen an diesem Tag Ausdruck der Freude und der Verbundenheit des Vol­kes mit dem Führer und seiner Bewegung sein! Darum, Volksgenossen in Stadt und Kreis Rotheburg: Beflaggt morgen, am Geburtstag des Führers, eure Häuser! Heil Hitler NSDAP-Kreisleitung Rothenburg“ Die NSDAP nahm jede Gelegen­heit wahr, um eine martialische Selbstinszenierung zu betreiben. Dies geschah, indem gleiche oder zu großen Teilen ähnliche Inszenierungsschemata befolgt wurden. Hierzu dienten in Rothenburg vor allem Massenaufmärsche uniformierter Formationen der Partei und ihrer angegliederten Organisationen, zu denen seit Mitte der dreißiger Jah­re immer wieder Verbände der Wehrmacht abkommandiert wurden.

Zum Gedenktag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler schrieb der „Fränkische Anzeiger“ am 31. Januar 1938: „Der gesamte Standort Rothenburg der SA, die Sturmabteilung 6/282 des Deutschen Arbeitsdien­stes, die Hitler-Jugend […] sammelten sich um 7 Uhr auf dem Judenkirchhof, um in großem Zuge unter Trommelklang […] zu marschieren. … So gedachte man auch in der Stadt und im Kreis Rothenburg dieses bedeutenden Ereignisses. Glut­rot leuchteten die Fahnen des Sieges…“

Feste-1..Mai-Plakat1. Mai – Tag der nationalen Arbeit

Jahrzehntelang hatte die Arbeiterbewegung für einen freien „Tag der Arbeit“ am 1. Mai gekämpft. Die NS-Führung machte sich die Forderung zu Eigen, indem Propagandaminister Goebbels die Regie über diesen Tag übernommen hatte. Um die Arbeiterschaft zu überrumpeln, aber auch für das Regime zu gewinnen, wurde der 1. Mai schon 1933 zum Staatsfeiertag als „Tag der nationalen Arbeit“ erklärt. Somit wurde dieser Feiertag zu einer der wichtigsten Feiern im Dritten Reich gemacht. Das Regime nahm damit den Gewerkschaften ein populäres Kampfziel, demonstrierte soziale Fortschrittlichkeit und vereinnahmte die Arbeiterschaft für die „nationale Sache“. Am 2. Mai 1933 zerschlugen Polizei und SA die Gewerkschaften. Später hieß der 1. Mai „Nationaler Feiertag des Deutschen Volkes“ und diente der Demonstration der Geschlossenheit der Volksgemeinschaft. Die großen Kundgebungen der Vorkriegszeit wurden während des Krieges eingestellt, doch fanden am 1. Mai noch Morgenfeiern und Betriebsappelle statt, bis Rüstungsminister Speer 1942 auch für deren Einstellung sorgte. Die so genannten Morgenfeiern waren Ersatz- und Konkurrenzveranstaltungen zu kirchlichen Morgenandachten und sonntäglichem Gottesdienst.

„Kommt am 1. Mai alle nach Rothenburg und nehmt teil an der Feier des Tages“ forderte NSDAP-Kreisleiter Mägerlein die Bauern aus den Dörfern rund um Rothenburg auf, den Tag durch traditionellen Volksbrauch schmackhaft zu machen:

„Zieht möglichst Eure Trachtenkleider an und seid stolz auf sie! Denn Eure Ahnen, die sie trugen, sind auch des Städters Ahnen und das schöne alte Rothenburg zeigt die hohe Kultur unserer Vorfahren“ (Fränkischer Anzeiger).

Geschmückte Sporthalle am Schlachthof

Geschmückte Sporthalle am Schlachthof

Rothenburger tanzten in der Sporthalle am Schlachthof

Wie Rothenburg den 12. Mai feierte, ist in einem Inserat im „Fränkischen Anzeiger“ vom 1. Mai 1937 zu sehen, in dem der NSDAP-Ortsgruppenleiter Götz das Leitwort des Tages nannte: „Ehret die Arbeit und achtet den Arbeiter!“ Der Ortsgruppenleiter appellierte an die Rothenburger:

„An diesem Tag wird das ganze deutsche Volk seinen Dank abstatten und sich abermals rückhaltlos zum nationalsozialistischen Reich und zu seiner einzigartigen Führung bekennen. Der 1. Mai, das Fest der Lebensfreude, wird, wie allerorts in deutschen Landen, in Städten und Dörfern, auch in Rothenburg in festlicher und würdiger Weise begangen. Die ganze Einwohnerschaft der Stadt nimmt freudigen Herzen teil am Tag der nationalen Arbeit.“

Am Vortag des 1. Mai wurde  abends durch die „deutsche Jugend“ am Spitaltor der Maibaum eingeholt und am Marktplatz durch die Zimmermannszunft aufgestellt. Die Jungmädels und die Mädchen vom Bund deutscher Mädels sangen und tanzen den Reigen zu Klängen der Stadtkapelle.

Am 1. Mai wurden bereits um 7 Uhr von der SA die Fahnen gehisst und von der Kreiskapelle erschallte der „Weckruf“. Danach fand eine Jugendkundgebung in der Sporthalle am Schlachthof statt, wo die Rothenburger Jugend der Rede des Führers zuhörten, die aus dem Berliner Olympiastadion übertragen wurde. Der schloss sich um 12 Uhr die „große Maifeier“ in der Sporthalle an, wo nun alle Teilnehmer der Übertragung des „Staatsaktes aus Berlin“ zuhörten („Es spricht der Führer!“). Anschließend fand eine Preisverteilung an die Kreis- und Ortsgruppenpfleger des Reichsberufswettkampfes statt. Und am Abend gab es den „großen Maitanz“ in der Sporthalle. „Deutsche aller Stände und Berufe! Reicht euch die Hände! Für Arbeit, Frieden, nationale Ehre und Sicherheit Es lebe der Führer!“

Führers Geburtstag; FA vom 20. April 1937

Führers Geburtstag; FA vom 20. April 1937

Am Geburtstag des Führers hieß es „Fahnen heraus!“

Zum Geburtstag Adolf Hitlers, der jedes Jahr am 20. April in allen Städten und Dörfern des Reiches mit Pomp und „Sieg Heil“ gefeiert wurde, appellierte Kreisleiter Karl Steinacker an die Bevölke­rung im Kreis Rothenburg: „Fahnen heraus am Geburtstag des Führers!“ und „Wehen­de Fahnen sollen an diesem Tag Ausdruck der Freude und der Verbundenheit des Vol­kes mit dem Führer und seiner Bewegung sein!“ Und immer wieder hieß es über die Zeitung: „Fahnen heraus!“ Dann wehten von den Fenstern der Häuser, den Mauern und den Türmen und öffentlichen Gebäuden die Hakenkreuzfahnen.

Ein vermutlich misslungenes Projekt zum Geburtstag Hitlers

NSDAP-Kreisleiter Steinacker und der Kreisbauernführer Soldner starteten am Geburtstag Hitlers, am 20. April 1937, eine Aktion, an der sich alle Volksgenossen und Volksgenossinnen des Kreises beteiligen sollten, nämlich an der „umfassenden heimatkundlichen Erforschung des Kreisgebietes Rothenburg ob er Tauber“.  Erforscht werden sollte die Bodenbeschaffenheit und Bodengestaltung des Rothenburger Umlandes, die geschichtlichen Ereignisse und Begebenheiten im Kreisgebiet, die Entwicklung der NSDAP im Kreis Rothenburg, die Kulturgeschichte, die Tier- und Pflanzenwelt im Kreisgebiet sowie das Bauerntum im Kreis. Augerufen wurde zur „Mitarbeit aller Volksgenossen und Volksgenossinnen… Der Kreis ist fast unerschöpflich reich an ernsten und heiteren geschichtlichen Begebenheiten, reich an wertvollem Kulturgut“. Die Kreisleitung beauftragte den Künstler und Antisemiten Ernst Unbehauen mit der Organisation, Beiträge waren zu richten an die Kreisleitung der NSDAP, an den „Hauptschriftleiter“ (Chefredakteur) Willi Junker vom „Fränkischen Anzeiger“, an den Kreisheimatpfleger und Gewerbeoberlehrer Ernst Unbehauen sowie an die Kreiswaltung des NS-Lehrerbundes, Oberlehrer Schmidt, in Nordenberg. Die Ergebnisse sollten in Buchform erscheinen und am Geburtstag des Führers im nächsten Jahre. Vermutlich wurde aus dem Geschenk zu Führers Geburtstag nichts.  Zumindest ist darüber hier nichts bekannt. Die Zeitung berichtete nicht mehr darüber.

Erntedankfest im Bezirk Rothenburg mit Kreisleiter Steinacker; FA vom 5. Oktober 1936

Erntedankfest im Bezirk Rothenburg mit Kreisleiter Steinacker (li.) und Bauernführer Soldner ; FA vom 5. Oktober 1936

Reichserntedankfest in Bückeberg – eine Massenveranstaltung

Das Reichserntedankfest – nach außen ein Fest des „deutschen Landvolks“, war aber doch nur eine Folie für den Auftritt des Führers; es war nach außen Pflege von altem Brauchtum, aber im Kern eine Veranstaltung, die das Volk auf den kommenden Krieg vorbereiten wollte. So hatte das eigentlich harmlos erscheinende Reichserntedankfest, das jedes Jahr auf dem Bückeberg bei Hameln gefeiert und von Adolf Hitler zelebriert wurde, auch militärische Züge. Es dient als Militärübung, die von Jahr zu Jahr immer mehr Zeit beansprucht, die als technische Großleistung gefeierte Anreise und der exakt geplante Aufmarsch der Teilnehmer.

Das „Reichserntedankfest“ war eine Veranstaltung des Propagandaministeriums. Goebbels verstand es auch im Bereich des Bäuerlichen, die Sehnsüchte und Bedürfnisse der Menschen zu erspüren. Die Volksmassen und die Anwesenden auf der Ehrentribüne, selbst Reichsbauernführer Darré, bildeten nur eine Kulisse, Trachtengruppen und Erntekranz waren lediglich propagandistischer und fotogener Rahmen.

Die Reichserntedankfeste auf dem Bückeberg waren neben dem Reichsparteitag in Nürnberg und den Maifeiern die größte regelmäßig stattfindende Massenveranstaltung. In den ständig wachsenden Teilnehmerzahlen spiegelte sich die Tatsache wider, dass der Nationalsozialismus sich einer zunehmenden, teilweise überwältigenden Zustimmung in der Bevölkerung erfreute. Aus allen Teilen Deutschlands kamen an diesem Tage bis zu einer Million Menschen zum Kundgebungsplatz. Eine große Bedeutung hatte das Erntedankfest in Rothenburg. Die Feier­lichkeiten fanden im Umland Rothenburg statt. Entweder am Endseer Berg und am Donnersberg bei Geslau und Schillingsfürst.

Erntedankfest-Umzug in Egersheim 1936; Foto: Freilandmuseum Bad Windsheim

Erntedankfest-Umzug in Egersheim 1936; Foto: Freilandmuseum Bad Windsheim

Auf zum Erntedankfest auf den Bückeberg 1935

Der „Fränkische Anzeiger“ veröffentlichte die Abfahrtszeiten des Sonderzugs „des Gau Frankens“ zum Reichserntedankfest auf den Bückeberg am 5. und 6. Oktober 1935. Von Nürnberg aus war der Sonderzug nach Hameln mit Aufenthalt in Eisenach etwa 13 Stunden unterwegs. Die NSDAP-Gauführung machte das Reichserntedankfest den Rothenburger mit Panzern, Kampfflugzeugen und einem geräucherten Rippchen schmackhaft:

„Allen Volksgenossen ist durch diese Sonderfahrt Gelegenheit gegeben, an der gewaltigen Kundgebung des deutschen Bauernstandes vor dem Führer teilzunehmen. Sie erleben außerdem die großen gewaltigen Vorführungen des Reichsheeres und der Luftwaffe. Sie sehen in ungeheurerer Anzahl Tanks in Gefechten auffahren und über 100 Kampfflugzeuge im Angriff!“

Im Gesamtpreis von 16 Reichsmark gab es in Eisenach ein „reichhaltiges Mittagessen“ mit Stadtführung, Eintritt in die Wartung, ein „reichhaltiges Abendessen“ in Hameln, Übernachten im Privatquartieren und auf der Rückreise „einen besonders reichhaltigen Reiseproviant“ mit: „voraussichtlich 1 geräuchertes Rippchen, 2 Eier, 2 Brote, Portion Butter, Portion Rahmkäse und 1 Tasse Kaffee“).  Die Anmeldungen zu dieser Militärschau mit Erntedank nahm in Rothenburg die Dienststelle „Kraft durch Freude“ an. – Fortsetzung des Themas im nachfolgenden Artikel: „Das nationalsozialistische Feierjahr (II): Rothenburg als „glückliche Insel“ im Fasching, der Schäfertanz als Botschafter des NS-Regimes, Fest der Sommer- und der Winterwende, Julfest anstatt Weihnachten.

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Themenähnliche Artikel in dieser Online-Dokumentation: „Das nationalsozialistische Feierjahr (II): Rothenburg als „glückliche Insel“ im Fasching…“„Weihnachten wurde ideologisch umgedeutet, am Baum hingen Hakenkreuzkugeln…“ – „Heiliger Berg der Franken“ – „Zum Hesselberg pilgerten jährlich braune Horden…“ – „Heldenverehrung, Totenkult, Blut und Boden in der Mythologie und den erhöhten Ritualen der Nationalsozialisten…“
Quellen: Fränkischer Anzeiger vom 25. Juli 1935, 12. Februar 1936, 23. November 1936, 1. Februar 1937, 19. und 20. April 1937, 31. Januar 1938, 1. März 1938, 17. April 1939. – Wolfgang Benz: „Geschichte des Dritten Reiches“, München 2000. – Ders.: „Konsolidierung und Konsens 1934 – 1939“ in: Ploetz. Das Dritte Reich. Ursprünge, Ereignisse, Wirkungen. Hrsg. von Martin Broszat und Norbert Frei. Freiburg, Würzburg 1983. – Bernhard Gelderblom, Hameln: „Reichserntedankfest“ in Hamelns Geschichte – abseits vom Rattenfänger“ (www.gelderblom-hameln.de). – Peter Reichel: „Der schöne Schein des Dritten Reiches. Faszination und Gewalt des Faschismus“, Elbert und Richter, Hamburg 2006.
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