Rothenburgs SA-Sturmbann III/19 stets „einsatzbereit für die Sache des Führers“. Gewalttätigkeiten an der Tagesordnung – doch: „Der Herrgott hat das Werk des Führers gesegnet!“

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Weihe der SA-Sturmfahne durch den evangelischen Pfarrer und NSDAP-Pg. Max Sauerteig aus Ansbach auf dem Rothenburger Kapellenplatz 1933

Von Wolf Stegemann

Mit der „Sturmabteilung der NSDAP“ (SA) verbinden sich Namen wie Horst Wessel, Ernst Röhm und Viktor Lutze, in Rothenburg mit Wilhelm Stegmann, Georg Arlt und Sturmbannführer Müller sowie vielen anderen Namen. Die 1921 als politische Kampftruppe der Partei gegrün­dete SA und die 1925 als Leibwache Adolf Hitlers (ursprüngliche Aufgabe) gebildete „Schutzstaffel der NSDAP“ (SS) hatten be­reits Ende 1930 über 100.000 Mitglieder. Da­mit war Hitlers Partei-Armee stärker als die Reichswehr. Das führte unweigerlich zu Konflikten mit der Reichsregierung, die Hit­lers „Partei-Infanteristen“ polizeilich über­wachen und zeitweise verbieten ließ. Ende Juni 1934 entmachtete Hitler seine immer stärker wer­denden SA-Führer, indem er in einer Mord­aktion den SA-Chef Ernst Röhm und 150 weitere SA-Führer kaltblütig umbringen ließ; bei dieser Gelegenheit entledigte sich Hitler auch anderer Personen, die ihm politisch unliebsam waren.

POstkarte der SA des NS-Künstlers Albert Reich

Postkarte der SA des NS-Künstlers Albert Reich

Organisationsgefüge der militanten Sturmabteilung

Die braunen Uniformen der SA bestimmten in Rothenburg und anderswo das Straßenbild. Im Zuge der „Gleichschaltung“ der Vereine und Verbände traten zuerst die Kriegerver­eine geschlossen in die SA-Reserve 2 (SA-R 2) ein. Es folgten Reitervereine, Spielmanns­züge, Kriegervereine usw. Die SA gliederte sich ab August 1934 in die Oberste SA-Führung, in Gruppen (bestehend aus mehreren Brigaden), den Brigaden (drei bis neun Standarten), den Standarten (drei bis fünf Sturmbanne), den Sturmbannen (drei bis fünf Stürme), den Stürmen (drei bis vier Trupps), den Trupps (drei bis vier Scharen), den Scharen (eine bis zwei Rotten), und den Rotten (vier bis acht Mann). 1938 wurde die Organisationsstruktur nach militärischem Vorbild reorganisiert und im Juni 1938 galten auch für die im März des gleichen Jahres eingegliederte „SA-Obergruppe Ostmark“ (Österreich) die gleichen neuen Strukturen. So war die Gesamt-SA am 30. Januar 1939 gegliedert in allgemeine SA, bestehend aus Aktive SA I (18-35 Jahren) und allgemeiner SA II (35-45 Jahren), der SA-Reserve (über 45 Jahre) und den SA-Wehrmannschaften. Diese waren nach militärischen Fach- bzw. Tätigkeitsgebieten unterteilt und es wurden nun auch für die SA Waffenfarben eingeführt, die ihrerseits die Farben der SA-Gruppen ablösten. So bestanden in der SA folgende Tätigkeitsgebiete: Nachrichten-SA (zitronengelb), Reiter-SA (orange), Pionier-SA (schwarz), Jäger-SA/Schützeneinheiten (grün), Sanitäts-SA (königsblau), Marine-SA (marineblau), SA-Fußstandarten (grau), SA-Gruppenstäbe (hellrot) und Oberste SA-Führung (karminrot).

Rothenburger SA-Männer vor 1933; entn. "Fränkischer Anzeiger"

Rothenburger SA-Männer vor 1933; entn. “Fränkischer Anzeiger”

Zwei Formationen selbstständig

Aus diesem Gefüge waren zwei ehemalige SA-Gliederungen herausgenommen worden, da diese nach der Machtergreifung Hitlers mit anderen Organisationen zu eigenständigen Formationen aufgebaut wurden: Die ehemalige Motor-SA wurde mit anderen Automobilverbänden zum NS-Kraftfahrkorps (NSKK) umgebildet und die ehemalige Flieger-SA wurde zusammen mit der Flieger-SS in das entstehende NS-Fliegerkorps (NSFK) eingegliedert.

„Braunhemden“ waren als Schlägertrupps verrufen und gefürchtet

Die SA war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP während der Weimarer Zeit und spielte als Ordnertruppe eine entscheidende Rolle beim Aufstieg der Nationalsozialisten, indem sie deren Versammlungen vor Gruppen politischer Gegner mit Gewalt abschirmte bzw. gegnerische Veranstaltungen massiv behinderte. Schon 1929 zettelte die Rothenburger SA in einer Veranstaltung der SPD im Hotel „Zum Bären“ in Rothenburg eine Saalschlacht an. Zu dieser Zeit und den folgenden Jahren war die SA zu einer schlagkräftigen und straff gegliederten Organisation geformt worden. Das Anwachsen der SA wurde durch Weltwirtschaftskrise und Wahlerfolge der NSDAP begünstigt. 1930 hatte die SA zeitweise 60.000 bis 80.000 Mitglieder und 1932 bereits etwa 220.000 eingetragene Mitglieder.

Uniformverbot umgangen: statt braune Hemden weiße Hemden

Über die propagandistische Wirkung ihrer braunen Uniform in der Öffentlichkeit („Braunhemden“) waren sich die SA-Leute durchaus bewusst. Als im Jahre 1930 in Bayern und Preußen das öffentliche Tragen des Braunhemdes verboten wurde, wich die SA-Führung in einer Blitzaktion auf das Tragen von weißen Hemden aus, ohne sich ansonsten in ihren Aktivitäten weiter stören zu lassen, was die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die SA nur noch weiter verstärkte. Nach Ablauf des Verbotes kehrte man zum Tragen des Braunhemdes zurück.

Das wegen der Terrorwelle im April 1932 vom Reichskanzler Brüning ausgesprochenes Verbot der SA hob sein Nachfolger, Franz von Papen, im Juni 1932 wieder auf. Im Vorfeld der Reichstagswahl am 31. Juli 1932 gab es bürgerkriegsähnliche Zustände mit insgesamt etwa 300 Toten und über 1.100 Verletzten, woran die SA maßgeblich beteiligt war.

Prügelei in Bossendorf mit gerichtlichem Nachspiel

Nach der Machtübernahme verprügelten Rothenburger SA-Männer im Mai 1933 in Bossendorf brutal zwei Einwohner. Daraufhin wurden sie aus der Partei ausgeschlossen und die Prügelei hatte ein gerichtliches Nachspiel. Die fünf Rothenburger SA-Männer waren der „gefährlichen Körperverletzung“ angeklagt. Nach dem ersten Verhandlungstag wurden die Männer aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Prozess wurde am 11. Juni mit der Urteilsverkündung fortgesetzt: Freisprüche für Kitzinger, Arlt und Meister; Saalmüller 10 Monate, Stadelmann 3 Monate, Zöllner 14 Monate, Popp 16 Monate und Riedel 14 Monate Gefängnis.

SA fungierte vorübergehend als Hilfspolizei

Im Sommer wurde die SA in Bayern vom bayerischen Innenministerium als Hilfspolizei eingesetzt. In Preußen bereits früher. Sie richtete einen Tag nach der Reichstagswahl am 6. März 1933 „wilde Konzentrationslager“ ein, verhielt sich ungesetzlich und verrichtete die verordneten „Schmutzarbeit“, politische Gegner des NS-Regimes zu verhaften, einzusperren, zu foltern und oft tagelang zu verprügeln. Ihr Kampflied, das „Horst-Wessel-Lied“, wurde nun bei Anlässen mit der Nationalhymne (Deutschlandlied) gesungen. 32 Prozent der Rothenburger Männer gehörten der SA an, wie der Historiker Daniel Bauer bei der Auswertung von Spruchkammerakten feststellte:

„Bedeutsam ist die gemeinsame Zugehö­rigkeit zur SA und NSDAP, die 36 Prozent betrug und somit die größte Schnittmenge aller angeschlossenen Verbände in Stadt und Kreis Rothenburg darstellte.“

Der Aufbau der SA entwickelte sich in Rothenburg schnell. Der „Fränkischer Anzeiger“ berichtete am 31. Mai 1934:

„Der Führer der Standarte 19, Standartenführer Drexler, weilte gestern abend bei einigen SA-Stürmen in Rothenburg. Bei dieser Gelegenheit überreichte (er) im Rahmen einer Ansprache den Angehörigen des Reitersturmes, Truppführer Meister und Scharführer Hans Adam Schmidt, den Ehrendolch. Der Ehrendolch  wurde außerdem verliehen dem Angehörigen des SA-Sturmes 30/19, Obertruppführer Höfler. – Außerdem hat der Standartenführer verschiedene Beförderungen vorgenommen: So wurden befördert die Angehörigen des Reitersturmes Jean Meister und August Frieß zu Truppführern; Pöhlmann, Best, Rückel, Friedle, Thürauf, Fritz Schneider, Wolf und Pauli zu Scharführern. Vom SA-Sturm 30/19 wurden befördert: Dietrich Edelhäuser zum Obertruppführer; Hans Zöller und Martin zu Truppführern und Thomas Ziegler zum Oberscharführer.“

Führer des Rothenburger Sturmbanns III/19 war bis 1935 Obersturmbannführer Georg Arlt. Dieser verabschiedets sich im Mai 1935 wegen Überschreitung der Altersgrenze aus dem Dienst der SA. Arlt war einer der Mitbegründer der Partei 1927 und Gründer der SA Rothenburg. 1932 war er Sturmführer des SA-Sturms 72 mit 36 Mann. Sein Nachfolger wurde Sturmführer Müller. Der Sturmbann bestand aus den Stürmen R 2/19 (Nachrichten),  21/19, 22/R/19, 23/19,  24/19, 4/78 (Reiter) und 4/110 (Marine). Führer waren Hans Fromm,  Sturmführer Hans Seelmann (21/19), Obersturmführer Wilhelm Bromberger (22/R/19), Dieter Edelhäuser (R 2/19), Obersturmführer Georg Stöhr (4/78) und Leonhard Jäger (4/110).

SA-Sportplakat

SA-Sportplakat

SA-Sportschule aufgelöst

Zum Ausbau der SA gehörten 1933/34 auch der Aufbau so genannter SA-Sportschulen. Eine solche gab es auch Rothenburg ob der Tauber an der Ansbacher Straße im Gebäude der späteren Reichsmodellbauschule. Das Gebäude gehört heute zum Krankenhauskolmplex. Vermutlich wurde die Rothenburger SA-Sportschule im Zuge der Röhm-Liquidierung 1934 aufgelöst, denn sie wird nicht mehr genannt. Die SA-Sportschule in Rothenburg besuchte zum Beispiel der spätere Hauptmann Dr. Rupprecht Gerngross (1915-1996), der am 27./28. April 1945 mit seiner Widerstandsgruppe „Freiheitsaktion Bayern“ München kampflos den Amerikanern übergeben wollte, was am zögerlichen Verhalten eines Wehrmachtsgenerals scheiterte, der „seine Freunde in der Partei“ nicht enttäuschen wollte. In den 1930er-Jahren war Gerngroß noch Mitglied im Verband „Jungstahlhelm“, der in die SA eingegliedert wurde. Als von ihm das SA-Sportabzeichen verlangt wurde, ging er nach Rothenburg ob der Tauber und besuchte dort die SA-Sportschule. Er schrieb darüber in seinen Notizen, dass er sich vor dem Flaggenhissen gedrückt und das Singen verweigert habe. Daraufhin musste er als Strafarbeit einen Aufsatz mit dem Titel schreiben: „Warum ich den Führer liebe!“ und im Laufschritt um die Marschkolonne rennen. Der Standort der Rothenburger SA-Sportschule und der Verlauf ihrer Geschichte sind uns bislang unentdeckt geblieben; wir recherchieren noch. Die SA war bis Mitte 1934 auch an den Universitäten stark vertreten. Ihr kam es vor allem darauf an, über die SA-Hochschulämter Studenten für Wehrsport und ideologische Schulungen zu erfassen.

Im Zuge der Vorbereitung der Aufrüstung hielt die SA „Wehrsportkurse“ ab. SA-Sportschulen hab es zudem in Eichstätt, Freising und Memmingen. Die SA-Männer waren während ihres Besuches kaserniert. Im SA-Truppenlager Hammelburg und Luttensee bei Mittenwald wurde die militärische Geländeausbildung vermittelt.

Artikel über die SA in der Lokalzeitung vom 19. Oktober 1935

Artikel über die SA in der Lokalzeitung vom 19. Oktober 1935

SA-Stabschef Ernst Röhm liquidiert

Anfang 1934 erreichte Röhm, dass das Reichsinnenministerium die Finanzierung der SA übernahm. Die Reichswehr erkannte die SA als Dachorganisation aller noch existierenden paramilitärischen Verbände an. Die SA war damit bis Mitte 1934 auf vier Millionen Mitglieder angewachsen, wovon 1,4 Millionen in der SA Reserve II waren. Die zahlenmäßige Stärke der SA war jetzt größer als die der Partei. Der Mitte 1934 auf Anordnung Hitlers umgebrachte SA-Stabschef Ernst Röhm sah in seiner Miliz neben der Reichswehr (später Wehrmacht) und der Polizei die wesentliche Macht, die über die Errungenschaft des Nationalsozialismus wachen und die Revolution innerhalb und außerhalb der nationalsozialistischen Bewegung vorantreiben.

Nachwuchs für die SA

Nachwuchs für die SA

Appell: Der Disziplinlosigkeit in der SA entgegenwirken

1935 erinnerte Kreisleiter Zoller, so der „Fränkische Anzeiger“ am 25. Mai 1935, an die „Zeit des Kampfes“, also an die Jahre vor 1933, „in der auch in Rothenburg der Nationalsozialismus festen Boden faßte, als die erste Gruppe der SA hinaus zog, um draußen auf den Dörfern die Idee des Führers zu verbreiten“. Nach der Säuberung  der SA aus Anlass des so genannten Röhm-Putsches und die angebliche Disziplinlosigkeit in der SA, gegen die nun gewirkt wurde, zitierte der „Fränkische Anzeiger“ am 16. März 1936 Obersturmführer Bromberger mit den Worten:

„Mut, Tapferkeit, Ehrliebe, Kameradschaft bis in den Tod. Der SA-Mann hat in erster Linie an sich selbst, dann an seiner Familie und an seinen Volksgenossen zu arbeiten. Seine große Aufgabe muss es sein […], seine Kinder als wahrhaftige Nationalsozialisten zu erziehen!“

SA-Obersturmbannführer Georg Arlt 1935 abgelöst

Vermutlich hat die Ablösung von Rothenburgs obersten SA-Führers Georg Arlt was mit dieser Disziplinlosigkeit zu tun, was in den Berichten und öffentlichen Artikeln da oder dort wohl nicht stand, so aber durchaus interpretiert werden kann. Wie auch immer: Obersturmbannführer Georg Arlt wurde im Juni 1935 als Führer des Sturmbannes III/19 aus Altersgründen durch den jüngeren Sturmführer Müller auf „Befehl der höheren Dienststelle überraschend“ abgelöst. „Er war in der Zeit des Kampfes und der Konsolidierung nach 1933 […] der richtige Mann am richtigen Platz: der Führer“, schrieb der „Fränkische Anzeiger“ am 6. Juni 1935. Und weiter heißt es:

„Aus dem Führer wurde gewissermaßen gleichzeitig der Vater. Für die Einheiten, insbesondere für die, die im Standort Rothenburg vereinigt waren, war er deshalb auch stets der ,Papa!’“

Sonderbriefmarke mit SA-Motiv

Sonderbriefmarke mit SA-Motiv

Eine solche öffentliche „Würdigung“ für einen SA-Führer war nicht üblich und lässt sich ansonsten in Zeitungen kaum finden. Da die Zeitungen einer strengen Zensur unterstanden, hätte sie eine solche außergewöhnliche Bezeichnung für einen strammen SA-Mann nicht bringen dürfen, es sei denn, diese Formulierung wurde vorgegeben.

Der „Fränkische Anzeiger“ erinnerte daran, dass Georg Arlt zu dem „kleinen Häuflein“ gehörte, „das damals beseelt von einer Idee – von der Idee des Führers – auf Gedeih und Verderb zusammenhielt und als eine mutig bekennende Einheit auch der Einwohnerschaft unseres Bezirkes zurief: Wir haben eine andere Anschauung von deutscher Wesensart […] als so viele Schlafmützen“. 1930 leitete Georg Arlt als Sturmführer den SA-Sturm 72 mit damals gerade 36 SA-Männern. Anlässlich der Verabschiedung Arlts „von seiner SA“ schrieb der Redaktionsmitarbeiter A. M. des „Fränkischen Anzeigers“ u. a .:

„Der Herrgott hat das Werk des Führers gesegnet! Seine Getreuen haben keine Minute je daran gezweifelt, dass in der nationalsozialistischen Lehre Glaube, Gott und Gewissen nicht beschlossen wären. Darum war auch Gott da, wo ihr Glaube war. Und der Glaube ist das Abbild der Seele. Unsere Lehre ist rein und ist auch die Wahrheit. Sie will nur das Gute und wer sich wissentlich gegen sie stellt, der ist schlecht.“

In der Sporthalle des Arbeitsdienstes (Topplerschule) trat der Sturmbann III/29 zum Abschied seines Führers Arlt an. Anwesend waren der stellvertretende NSDAP-Kreisleiter und erster SA-Führer in Rothenburg, Karl Zoller, und der Führer der Rothenburger Standarte, Obersturmbannführer Wagner. Arlt bedauerte, dass er aus Altersgründen nun abtreten „müsse“ und „schloss seinen letzten Appell mit einem Sieg Heil!“ Der stellvertretende Kreisleiter Karl Zoller meinte, dass mit Arlt, der von der ersten Stunde in Rothenburg dabei sei, ein Stück Rothenburg gehe. Dem Schlussappell mit dem Horst-Wessel-Lied folgte die Eingliederung des Sturms 24/19 zum Teil in den SA-Reservesturm 21/R/21 unter Führung von Obertruppführer Bromberger und in dem aktiven Sturm 9/19 unter Führung von Sturmführer Seizinger. Nach den Schlussworten von Sturmbannführer Dr. Apfelbeck und Sturmführer Seizinger marschierte die Rothenburger SA mit „Trommelwirbel und strammen Schritts“ an „Vater Arlt“ vorbei.

SA-Ankündigung im "Fränkischen Anzeiger" vom 14. April 1934

SA-Ankündigung im “Fränkischen Anzeiger” vom 14. April 1934; in Rothenburg ob der Tauber wurden 1.013 Reichsmark gesammelt

Reichsweiter SA-Einsatz in der Pogromnacht gegen Juden 1938

Wie in anderen Städten, vor allem aber in Franken, verbreitete die SA auch in Rothenburg bei Anders- oder Neutraldenkenden, vor allem bei den jüdischen Bürgern ein Klima der Angst und des Bedrohtseins. Zum reichsweiten Einsatz kam die SA nochmals im November 1938 bei den Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung, die als „Reichskristallnacht“ in die Geschichte eingegangen sind. In Rothenburg war die SA an der Vertreibung der letzten Juden im Oktober 1938 beteiligt. Kurz vor Kriegsende wurde die SA als Reservoir für Kämpfer des Volkssturms genutzt, wobei SA-Angehörige häufig durch Gewalttaten an Kriegsgefangenen oder Kapitulationswilligen auffielen (Endphaseverbrechen). Nach der Kapitulation des Reiches im Mai 1945 wurden NSDAP und SA nach dem Alliierten Kontrollratsgesetz Nr. 2 aufgelöst und verboten; im Gegensatz zur SS trotz ihrer Verbrechen aber nicht als „verbrecherische Organisation“ eingestuft.

SA-Beilage im „Völkischen Beobachter“

Seit März 1928 erschien im „Völkischen Beobachter“ eine monatliche Beilage unter dem Titel „Der SA-Mann“, die ab dem 5. Januar 1932 durch die Oberste SA-Führung als selbstständiges Wochenblatt herausgegeben wurde. Es befasste sich in erster Linie mit militärischen Themen sowie internen Angelegenheiten von SA und NSDAP. In Rothenburg gehörte die SA in ihren braunen Hemden und Uniformen, ihren Aufmärschen und Kundgebungen gerade wegen der Kleinheit der Stadt zum Tagesanblick. Bei zahlreichen Gelegenheiten traten die „Braunhemden“ in der Öffentlichkeit auf, beteiligte sich an Übungen im Katastrophenschutz und marschierte bei NS-Feiern wie den Horst-Wessel-Gedenkfeiern. Sturmführer Seelmann sprach am 23. Februar 1937 zu diesem Anlass:

„Wir schwören in heiligem Gedenken an den Führer […] Horst Wessel, Treue und Glauben […] Ewig lebt die SA […] Sieghaft steht die SA […] Stark wird das Reich, und kein Tod löscht eine Fackel, die brennt…“

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Themenähnliche Artikel in diese Dokumentatione: “Entwicklung der SA in Franken 1930 bis 1933…” -“Saalschlacht im Hotel Bären…” – “Blick nach Bossendorf: SA- und SS-Männer aus Rothenburg verprügelten im Mai 1933 brutal Einwohner…” – “Die Röhm-Affäre – Forderungen der SA stürzte das Dritte Reich in eine tiefe Krise” – “Hanns Günther Obernitz – Der SA-Gruppenführer lobte die Rothenburger SA als Kämpfer für die Idee des Führers”.
Quellen: Kurt Preis: „München unterm Hakenkreuz“, Ehrenwirt 1980. – Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg [WRNE]. – Daniel Bauer: „Formen nationalsozialistischer Herrschaft in Rothenburg ob der Tauber“, „Jahrbuch für fränkische Landesforschung“ 70/ 2010, 191–212; – Peter Longerich „Die braunen Bataillone. Geschichte der SA“, Bechtermünz 1988. – Rainer Hambrecht „Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925-1933), Diss., Nürnberg 1976. – „Schlag nach!“ Bibliographisches Institut, Leipzig 1938. – Weitere Quellen sind im Text angegeben. – Im Staatsarchiv Nürnberg gibt es eine detaillierte Auflistung aller 125 Mitglieder des Sturms 21/19 unter StAN, Rep. 503 NS-Mischbestand Kreis Rothenburg o.d.T., Nr. 7.
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