NSDAP-Kreisleiter Friedrich Mägerlein (1): Über seine Amtszeit von 1932 bis 1934 ist wenig bekannt. War er in die Polit-Affäre mit Wilhelm Stegmann verstrickt?

Friedrich Mägerlein; Foto entn. "Die LInde" 1994

Friedrich Mägerlein; Foto entn. „Die LInde“ 1994

Von Wolf Stegemann

1903 in Neustett (Adelshofen) geboren, besuchte er in Rothenburg die Präparandenschule am Milchmarkt und von 1920 bis 1923 die Lehrerbildungsanstalt in Schwabach. 1926 wurde er in den bayerischen Schuldienst übernommen und blieb Lehrer bis zu seiner Pensionierung in den 1960er-Jahren. Dazwischen war er Nationalsozialist und von August 1932 bis 15. Oktober 1934 NSDAP-Kreisleiter in Rothenburg (Stadt und 61 Gemeinden). Das, was Friedrich (Fritz) Mägerlein als Heimatkundler geschrieben hat, befasst sich recht harmlos mit der Geschichte der Rothenburger Region. Beispielsweise mit dem „Christlich Uhr- und Glockenwerk“ von Neustett, mit dem Weinbau von Tauberzell, mit der Freiwilligen Feuerwehr in Tauberscheckenbach, mit Großharbachs und Ohrenbachs Vergangenheit oder mit Altbesitzhöfen und Güterschaftswaldungen. Diese Artikel veröffentlichte der Dorf- und Hauptschullehrer nach 1945 meist in der Beilage des Fränkischen Anzeigers „Die Linde“ – in redaktioneller Verantwortung des Vereins Alt-Rothenburg. Daher schrieb in dieser Beilage der Lehrer und Rothenburger Archivar Dr. L. Schnurrer im Nachruf Mägerleins, der 1993 starb: „Reich entfaltete sich nach dem Zweiten Weltkrieg seine forschende und organisatorische Tätigkeit im östlichen Unterfranken.“ Über sein Organisationstalent, das Mägerlein in den Anfangsjahren des Nationalsozialismus entwickelte, schrieb Ludwig Schnurrer nichts. Auch nicht über sein exponiertes Wirken in der NSDAP, wo Friedrich Mägerlein doch Hoheitsträger der Partei war und in dieser Zeit Rothenburgs Behörden, Vereine sowie Wirtschafts- und Tourismusverbände auf Gleichschaltungslinie der NSDAP brachte. Das war seine nicht unerhebliche Leistung als Kreisleiter der NSDAP. Weiterlesen

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NSDAP-Kreisleiter Karl Zoller (2): Mit der Machtergreifung zog er als „Alter Kämpfer“ in den Stadtrat ein, wurde stellvertretender Bürgermeister und bekam die Bürgermedaille

Kreisleiter Zoller noch als OG-Leiter auf der verschollenen Ehrentafel der NSDAP

Kreisleiter Zoller noch als OG-Leiter auf der verschollenen Ehrentafel der NSDAP

Von Wolf Stegemann

Nachdem sich Friedrich Mägerlein 1934 als Kreisleiter aus Rothenburg zurückgezogen hatte, wurde dessen Stellvertreter Karl Zoller im Oktober 1934 Kreisleiter und blieb es bis Juli 1935. Der Förster Karl Zoller trat 1927 in die Partei ein, war Mitbegründer der Rothenburger NSDAP und der SA. Im Oktober 1930 wurde er zum Sturmführer und Adjutanten der SA-Standarte ernannt. Seit März 1930 leitete er die NSDAP-Ortsgruppe Rothenburg; im Oktober wurde er zum SA-Sturmführer und später zum Adjutanten der Standarte ernannt. Mit der Machtergreifung der Nazis zog Zoller im April 1933 als Fraktionsführer der NSDAP-Ratsfraktion in den Stadtrat ein, der ihn am 15. Januar 1934 zum zweiten Bürgermeister berief. Dieses Amt legte er nieder, als bekannt wurde, dass er Kreisleiter werden sollte. Weiterlesen

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NSDAP-Kreisleiter Karl Steinacker (3): Ein aktiver Parteisoldat Hitlers in Dinkelsbühl und Rothenburg, der an der Ostfront kämpfte und dem Fensterscheiben eingeworfen wurden

Karl Steinacker  verkündet am 27. Oktober 1938 die erfolgte Vertreibung der Rothenburger Juden

Karl Steinacker verkündet am 27. Oktober 1938 die erfolgte Vertreibung der Rothenburger Juden

Von Wolf Stegemann

Von denen, die nationalsozialistische Ideologie mit rabiatem Handeln in Rothenburg durchsetzten und ausweiteten, wie beispielsweise der Lehrer und Ortsgruppenleiter Fritz Götz, gehörte Kreisleiter Karl Steinacker neben seinem kommissarischen Nachfolger Fritz Höllfritsch zu den rabiatesten, die ohne Skrupel Macht ausübten und Andersdenkende unterdrückten. Gauleiter Julius Streicher machte ihn am 1. August 1935 zum NSDAP-Kreisleiter. In der Parteihierarchie kamen die Kreisleiter gleich unter dem Gauleiter und beherrschten die Ortsgruppen mit ihren Zellen- und Blockleitern. Julius Streicher: Weiterlesen

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NSDAP-Kreisleiter Wilhelm Seitz (4): Fast zwei Jahre lang war er in Rothenburg, gleichzeitig auch in Ansbach – gewalttätig und rücksichtslos

Wilhelm Seitz; Foto entn. Ansbach unterm Hakenkreuz

Wilhelm Seitz; Foto entn. Ansbach unterm Hakenkreuz

Von Wolf Stegemann

Er war ein „alter Kämpfer“, wurde 1891 geboren und nahm sich am 2. Mai 1945 das Leben. Der NSDAP gehörte er seit 1929 an. Kreisleiter war Wilhelm Seitz von 1932 bis 1945, davon von 1932 bis 1941 in Nürnberg-Land und anschließend in An­sbach. Zudem war er von März 1942 bis Januar 1944 kommissarischer Kreisleiter in Rothenburg. Letzteres Amt musste er auf Grund einer Anordnung der Reichskanzlei aufgeben, wonach in Zukunft ein Kreisleiter nicht mehr als einen Kreis der NSDAP führen durfte. Daher trat am 6. Januar 1944 in Rothenburg ein Wechsel ein. Sein Nachfolger wurde der Führer des NS-Studentenbundes im Gau Franken, Erich Höllfritsch. Formal blieb weiterhin der im Wehrdienst stehende Karl Steinacker Kreisleiter.
Dass Wilhelm Seitz als Kreisleiter in Rothenburg nicht so präsent war, wie sein Vorgänger und dann sein Nachfolger, ist an den Zeitungsberichten über ihn im „Fränkischen Anzeiger“ ersichtlich, die stark abgenommen haben. Er ist natürlich dabei, wenn Pimpfe in die Hitlerjugend aufgenommen wurden, denn Wilhelm Seitz war seit Februar 1943 auch Kreis-Bannführer der Rothenburger Hitlerjugend (Bann 308). Die HJ-Führung hat er bei seinem Ausscheiden aus dem Rothenburger Amt als Kreisleiter dem Bannführer Loidl aus Ansbach übergeben. Wilhelm Seitz’ Name stand in der Zeitung, und wenn er sprach, hielt er große Reden. Immer wieder vor der Jugend, sagte den Müttern, wie sie ihre Kinder zu erziehen und sie schließlich dem Führer zu schenken hätten. Er verteilte auch Mutterkreuze. Dabei meinte er, „die deutsche Frau sei ein wesentlicher Faktor des Sieges“. Seitz schwor die Rothenburger immer wieder auf den Sieg ein, übermittelte ihnen und den NSDAP-Funktionsträgern, dass „der Nationalsozialismus Richtschnur allen Denkens und Handelns“ sei und dass Deutschland im Krieg seine Kinder für die Zukunft verteidige. Er organisierte im September 1943 den NSDAP-Kreistag in Rothenburg sowie das Weihnachtsfest für Soldatenfrauen und sammelte schließlich für das Kriegswinterhilfswerk.

Wilhelm Seitz missbrauchte rücksichtslos seine Macht

In Ansbach kannte man Wilhelm Seitz genauer und länger: Dort war er bekannt als „radikaler Kreisleiter, der seine Macht rücksichtslos missbrauchte“. Nicht selten wandte er Druck- und Zwangsmittel an, um seinen politischen Willen durchzusetzen. Darüber hinaus wurde er be­schrieben als gewalttätig, unkooperativ und machthung­rig, wobei er keine andere Meinung als die seine gelten ließ. Außerdem waren ihm zahlreiche „Vergehen gegen die Menschlichkeit“ zur Last gelegt worden. Laut den Belastungszeugen in seinem nach 1945 postum erfolgten Spruchkammerverfahren gab es hierfür eine Vielzahl von Bei­spielen. Seitz soll am 15. April 1945 die sofortige „Um­legung“ eines Polen gefordert haben, nachdem dieser seinen Dienst als Fuhrknecht verschlafen hatte. Als sein Befehl nicht ausgeführt wurde, ließ er den Polen von ei­nem Standgericht, bei dem er selbst mitwirkte, zum Tode verurteilen. Die Vollstreckung war von der Schutz­polizei noch am selben Abend vorgenommen worden.

1944 wollte er die Wagen mehrerer aus Frankreich kom­mender Reisender, die im Ansbacher  Hotel „Stern“ wegen einer Autopanne logieren mussten, beschlagnahmen lassen. Als Begründung führte er an: es gehöre sich nicht, dass die Leute in der Welt herumkutschieren; man solle sie dem Arbeitsamt melden und an die Drehbank stellen. Kriminalkommissar Endreß brachte die Reisenden nach Nürnberg, wo ihre Papiere nochmals geprüft und für in Ordnung befunden wurden, so dass sie ihre Reise fort­setzen konnten. Am 17. März 1945 stürzte in der Nähe von Alberndorf ein amerikanisches Flugzeug ab. Fünf Insas­sen waren auf der Stelle tot, einem sechsten gelang es, mit dem Fallschirm abzuspringen. Als Seitz zum Unglücksort kam, gab er den umstehenden SA-Leuten den Befehl „diesen Schweinehund umgehend zu erschlagen“. Da alle sich weigerten, dies zu tun, wurde der Flieger am Ende in ein Lager gebracht.

Der Kreisleiter beging am 2. Mai 1945 Selbstmord

Aufgrund dieser Belastungen wäre Seitz zu Lebzeiten – er beging am 2. Mai 1945 Selbstmord – in die Gruppe I der Hauptschuldigen eingereiht worden; sein ganzes Vermö­gen hätte eingezogen werden müssen. Mit Rücksicht auf seine Witwe lautete der Spruch der Hauptkammer Nürnberg vom 13. Oktober 1949 auf 50-prozentigen Vermögenseinzug. Ein zusätzliches Entgegenkommen bedeutete der Beschluss vom Juli 1953, der eine Umwandlung des prozentualen Vermögenseinzugs in eine feste Geldsumme von 2.500 DM vorsah.

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 Quellen: Fränkischer Anzeiger vom 3. Jan., 8. Jan., 15. Febr. 1944. – Diana Fitz: „Ansbach unterm Hakenkreuz“, hgg. von der Stadt Ansbach 1994.
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NSDAP-Kreisleiter Erich Höllfritsch (5): In den letzten Monaten des Krieges wusste er mit Drohungen, Durchhalteparolen und Lügen gut umzugehen

Von Wolf Stegemann

Sein Amt führte er zwar voll, dennoch nominell kommissarisch aus. Denn Karl Steinacker, der seit März 1942 bei der Wehrmacht war, blieb offiziell Kreisleiter der NSDAP in Rothenburg. Erich Höllfritsch wurde im Januar 1944 Nachfolger des Kreisleiters Wilhelm Seitz, der dieses Amt aufgeben musste, da er zugleich Kreisleiter in Ansbach war und nur noch einen Kreis führen durfte. Weiterlesen

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Parteigenosse im Widerstand: Georg Beyerlein stellte sich auf die Seite von misshandelten jugoslawischen Kriegsgefangenen in Geslau und wurde aus der Partei ausgeschlossen

Geslau 1936

Geslau 1936

Von Wolf Stegemann

Einer, der zu den Nationalsozialisten gehörte, der Partei von 1933 bis 1944 und zudem von 1933 bis 1945 der NS-Volkswohlfahrt als Kassenleiter diente, der NS-Kriegsopferversorgung und als Kameradschaftsführer dem NS-Reichskriegerbund sowie Mitglied der Reichsmusikkammer war, zeigte auch offen, dass er mit der Partei und dem Staat nicht immer einverstanden war und Widerstand leistete. Als Kriminalkommissär i. R. blieb dies nicht ohne Folgen, wie es den Entnazifizierungsunterlagen des Georg Beyerlein zu entnehmen ist. Die Spruchkammer Rothenburg unter dem Vorsitzenden Chemnitzer reihte ihn nach mündlicher Verhandlung und Anhörung von Zeugen am 23. Juli 1947 in die Gruppe V der Entlasteten ein (Az. 32/Ges/Bey).

Als Ruheständler zog er 1935 von Nürnberg nach Geslau

Bei seinem Eintritt in die NSDAP im Jahre 1933 war der 1890 in Berolzheim (Altmühltal) geborene Georg Beyerlein Kriminalkommissär in Nürnberg. Auf die Polizeibeamten wurde damals besonderer Druck ausgeübt, der Partei und deren Gliederungen beizutreten. Beyerlein war 1933 Witwer und Vater von vier Kindern. Da er seine Stellung nicht verlieren und in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wollte, trat er der Partei bei. Zu seinen Gunsten bewertete die Spruchkammer, dass Beyerlein bis 1935 den Kindern der jüdischen Familie Wilmersdörfer in Nürnberg Musikunterricht erteilte. Zudem berücksichtigte die Kammer auch das anhaltende Nervenleiden, das sich Georg Beyerlein bei einer schweren Verschüttung im Ersten Weltkrieg zugezogen hatte. Beyerlein heiratete erneut. 1935 wurde er aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt und zog von Nürnberg nach Geslau bei Rothenburg. Hier begann sein Widerstand. Als die Partei dem Geslauer Organisten das Orgelspiel in der Kirche untersagte, übernahm Beyerlein gegen den Willen der örtlichen Partei den Organistendienst, was ihm die Kreisleitung in Rothenburg sowie die Geslauer Nationalsozialisten übel nahmen. Vor den Rothenburger Kreisleiter Karl Steinacker zitiert, sagte Beyerlein, dass er und seine Frau nun befürchten müssten, von den Geslauern „aus dem Dorf hinausgejagt“ zu werden. Den Versuch dazu gab es. Ihm wurde die Wohnung gekündigt. Hauseigentümerin war die Schwiegermutter des Geslauer NSDAP-Ortsgruppenleiters Hans Schwab. Beyerlein fand über Pfarrer Bauer eine neue Bleibe. Wegen kriegbedingter Zerrüttung seiner Nerven kam Beyerlein 1937 vorübergehend in die Heil- und Nervenanstalt Ansbach.

Auseinandersetzung mit dem Geslauer Oberlehrer Völler

Zwischen Georg Beyerlein und dem Geslauer Oberlehrer Karl Völler fand 1939 eine Auseinandersetzung vor dem NSDAP-Kreisgericht in Rothenburg statt (Az. 7/39, 14.4.39). Was war geschehen? Pg. Beyerlein hatte am 23. Dezember 1938 nach Schluss einer Volksweihnachtsfeier den Pg. Völler dadurch beleidigt, dass er ihm dreimal „Herr Lügner“ zurief. Es kann zur Sühneverhandlung in Rothenburg. „Das Parteigericht stellte fest, dass diese Beleidigung unbegründet ist. Pg. Beyerlein nahm seine Beleidigung unter dem Ausdruck des Bedauerns zurück…“ Als Sühne musste Georg Beyerlein innerhalb von acht Tagen 20 Reichsmark an die Kreisamtsleitung der NS-Volkswohlfahrt zahlen. Dem Kreisgericht gehörten an: Oberlehrer Schmidt aus Nordenberg als Vorsitzender, die Pg. Schenk und Philipp als Beisitzer. Am 22. Mai 1939 schrieb das NSDAP-Kreisgericht Georg Beyerlein, dass die Zahlung der 20 Reichsmark noch ausständig sei.

„Sollte sie bis 30. Mai nicht eingegangen sein, müsste das Kreisgericht den Sühnetermin für gescheitert erklären und den Termin zu einer Hauptverhandlung anberaumen. Heil Hitler! Schmidt, Kreisgerichtsvorsitzender Nordenberg.“

Beyerlein wird wohl bezahlt haben. 1939 wurde Georg Beyerlein trotz seiner Kriegsbeschädigung zur Wehrmacht eingezogen, 1940 aber wieder entlassen. 1941 kamen jugoslawische Kriegsgefangene nach Geslau, die dort in der Landwirtschaft arbeiten mussten. Dabei wurden sie von Bewachern immer wieder „äußerst brutal geschlagen“. Georg Beyerlein machte Meldung beim Betreuungsoffizier des zuständigen Gefangenenlagers Stalag C in Hammelburg gegen einen Feldwebel Pirner und einem Obergefreiten Meyerer. Dies missbilligte die NSDAP-Kreisleitung in Rothenburg mit der Folge, dass die Kreisleiter Seitz und Steinacker sowie die gesamte NSDAP-Ortsgruppe Geslau und der Gendarmeriemeister Kopp gegen den widerständigen Pg. Beyerlein agierten.

1943 Ausschluss aus der NSDAP, 1944 vom Parteigericht München bestätigt

Kreisleiter Seitz ließ Georg Beyerlein am 4. Februar 1943 eine Einstweilige Verfügung zustellen. Darin wurde er gem. § 4 Abs. 7 der Parteisatzung mit dem Einverständnis des NSDAP-Kreisgerichts Rothenburg wegen Verstoßes gegen § 4, 2b der Satzung aus der Partei ausgeschlossen. Als Grund wurde angegeben:

„Sie haben als Parteigenosse die Interessen von Kriegsgefangenen wahrgenommen und einen Bericht an die (sic!) Stalag in Hammelburg persönlich überbracht. Kriegsgefangene sind nach wie vor unsere Feinde. Ihre Handlungsweise ist eines Parteigenossen unwürdig. Ihr Verhalten ist gleichzeitig parteischädigend…“

In der Hauptverhandlung am 6. März 1943 wurde die Einstweilige Verfügung des Kreisleiters aufrecht erhalten:

„Der Pg. Beyerlein hat sich für serbische Kriegsgefangene eingesetzt, indem er unter Umgehung der Parteidienststellen eine Anzeige über angebliche Misshandlungen derselben an das M-Stammlager in Hammelburg überbrachte. Er hat dadurch den Bestrebungen der NSDAP zuwidergehandelt, die eine strenge Behandlung der Kriegsgefangenen fordert und es nicht duldet, dass sich Kriegsgefangene in Deutschland ein bequemes Leben machen.“

Unterschrieben von Schmidt, Schenk und Philipp. Der Ausgeschlossene händigte am 5. März 1943 sein Parteibuch Nr. 2.617.872 dem Geslauer Ortsgruppenleiter Hans Schwab aus und legte Einspruch beim NSDAP-Parteigericht München ein. Währenddessen wurde Beyerlein von dem Geslauer Gendarmeriemeister Kopp mit der Drohung, ihn ins KZ überstellen zu lassen, zur Unterschrift gepresst, mit der Beyerlein seine Meldung in Hammelburg über die Misshandlung der Kriegsgefangenen zurücknahm. Gleichzeitig wurde er gezwungen, ab Januar 1944 die Tätigkeit eines Partei-Propagandaleiters zu übernehmen. „Man erklärte mir, dass jeder Beamte oder Pensionist auf Grund eines Reichsgesetzes verpflichtet ist, derartig übertragende Arbeiten zu übernehmen.“ Beyerlein war als Propagandaleiter allerdings nicht aktiv. Die Parteiführer schikanierten ihn nun öffentlich, wo sie nur konnten, ließen ihn Botengänge machen und dergleichen und setzten ihn ihrem Spott aus. Als das Münchner Parteigericht den Ausschluss am 24. August 1944 bestätigte, wurde Georg Beyerlein der Propagandaposten wieder entzogen und die Zahlung seiner Kriegsrente eingestellt. Jetzt wurde er zu Hilfsarbeiten eingeteilt und für vier Monate mit dem Volkssturm „zum Arbeitseinsatz“ nach Oberitalien geschickt.

Seinen Aussagen wurden vom Amtsrichter Rothenburg nicht geglaubt

Im Jahr 1943 gab es noch einen Vorfall in Geslau, der im Zusammenhang mit Kriegsgefangenen stand. Marie Pöhlau aus Pilgramsreuth-Post Rehau machte 1947 vor der Spruchkammer Rothenburg folgende Aussage: Georg Beyerlein habe sich im Jahre 1943 „in einem gegen mich von der NSDAP anhängig gemachten Gerichtsverfahren, „mit seiner ganzen Persönlichkeit eingesetzt und sich daher vollständig gegen die Partei gestellt.“ Dann erklärte sie den Vorfall. Sie war vom August 1941 bis Oktober 1942 mit dem Sohn des damaligen Bürgermeisters von Geslau, Georg Preiss, verlobt. Nach dem zweiten Besuch habe sie die Verlobung gelöst. Während ihrer Besuche bei ihrem Verlobten habe sie auf dem Hof immer mitgearbeitet und kam dabei auch mit dem Kriegsgefangenen Branko Lazarak zusammen, der dort zur Arbeit eingesetzt war. Nach Auflösung ihrer Verlobung mit dem Bürgermeistersohn Georg Preiss wurde gegen sie ein gerichtliches Verfahren wegen „Verbotenen Umgangs mit Kriegsgefangenen“ eingeleitet. Das Amtsgericht Rothenburg habe sie am 27. April 1943 zu sechs Wochen Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Georg Beyerlein habe sich damals als Zeuge vor Gericht für die sie eingesetzt. Seinen Aussagen wurde aber kein Glaube geschenkt, da Beyerlein als Gegner der Partei bei Gericht bekannt war.

Jugoslawen bewirkten seine Entlassung aus dem Internierungslager  

Nach Einmarsch der Amerikaner wurde Georg Beyerlein am 19. April 1945 von den Amerikanern festgenommen, in das Internierungslager Pöhl-Igelheim gebracht und am 20. Mai in das Camp 71 nach Ludwigsburg überführt. Von dort wurde er am 23. April 1946 aufgrund der Fürsprache der jugoslawischen Kriegsgefangenen, denen er in Geslau beigestanden hatte, entlassen. Als Schlusssatz einer schriftlichen Einlassung für die Rothenburger Spruchkammer schrieb Georg Beyerlein am 18. Januar 1947:

„Mein Los heißt: Vertrauen auf Gott, dann hast du nie auf Sand gebaut und des Weiteren: Treu und Gehorsam der Obrigkeit, die die Macht über mich hat. Dann bitte ich ergebenst Gerechtigkeit walten lassen zu wollen. Ich habe viel gelitten und werde, soweit mir die Möglichkeit dazu gelassen wird, der treue Diener unseres Volkes sein und bleiben, so lange ich lebe. Hochachtungsvoll (Unterschrift) Beyerlein Georg, Krim. Kom. i. R., Wohnung in Geslau 10 bei Rothenburg o/Tauber.“

Von der Spruchkammer Rothenburg als aktiver Widerständler anerkannt

Vor der Spruchkammer Rothenburg bestätigten die Nachkriegsbürgermeister von Geslau, Georg Kammleiter, und von Gunzendorf, Hans Dürolf, die Geschehnisse. Von einem der betroffenen ehemaligen jugoslawische Kriegsgefangenen, Jowonawic Mitorod (so die Schreibweise in den Akten), lag eine schriftliche Bestätigung vor. Die Spruchkammer kam in ihrem Urteil der Entlastung Georg Beyerleins am 23. Juli 1947 zu dem Schluss:

„Durch die Beweisaufnahme im mündlichen Verfahren ist festgestellt worden, dass sich der Betroffene nicht nur passiv verhalten, sondern nach dem Maß seiner Kräfte aktiv Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistet und dadurch Nachteile erlitten hat. Seine Nachteile bestanden nicht nur in dem Entzug seiner Kriegsrente, sondern auch darin, dass sie sich infolge ununterbrochener Verfolgung und Unterdrückung in seelische Zermürbung ausdrückte.“

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Quelle: Staatsarchiv Nürnberg, Bestand Spruchkammer Rothenburg, Nr. 3-62 – 7 T 60

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Weil Stadtkantor Hans Feige gegen des Anschluss Österreichs stimmte, wurde ihm von Bürgermeister Friedrich Schmidt das Betreten städtischer Gebäude verboten und der Titel entzogen

Nein-Stimme auf dem Abstimmungszettel war Auslöser der Attacke auf Hans Feige

Nein-Stimme auf dem Abstimmungszettel war Auslöser der Attacke auf Hans Feige

Von Wolf Stegemann

In den Entnazifizierungsunterlagen des früheren NS-Bürgermeisters Dr. Friedrich Schmidt befindet sich ein Brief an die Lagerspruchkammer Moosburg, wo Rothenburgs Ex-Bürgermeister interniert war, der ihn schwer belastet. Geschrieben hat ihn die Konzertsängerin Brunhilde Feige am 30. Mai 1947, die Tochter des früheren Stadtkantors an St. Jakob, Hans Feige. Zwischen ihm und dem Bürgermeister gab es eine Auseinandersetzung, die zur Entlassung Hans Feiges als Stadtkantor führte. Anlass dieser harten Maßnahme war, dass Hans Feige bei der Wahl über den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 10. April 1938 mit „Nein“ gestimmt hatte. Dies wurde durch Gerüchte bekannt und kam auch zu Ohren des Bürgermeisters Dr. Friedrich Schmidt im Rathaus. Dieser schrieb an Feige zwei hintereinander folgende Briefe in die Wohnung Klingengasse 4a. Im ersten, am 9. August 1938 abgefassten Schreiben heißt es ohne Anrede: Weiterlesen

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