Rothenburgs NSDAP-Ortsgruppenleiter Friedrich Götz wurde vom Kriegsgericht verurteilt, weil er seinen Vorgesetzten mit unwahren Behauptungen „angeschwärzt“ hatte

Von Wolf Stegemann

Über ihn ist nach 1945 viel ermittelt worden, weil der Hauptlehrer in seiner Funktion als NSDAP-Ortsgruppenleiter von Rothenburg nicht nur als rabiater Rabauke sowie als ausgemachter Juden- und Kirchenhasser verrufen und gefürchtet war, sondern weil er in der Wehrmacht seinen Bataillonskommandeur mit der falschen Behauptungen, er hätte ihm den Nationalsozialismus verboten, vor das Kriegsgericht brachte, vor das er dann in Weißrussland selbst angeklagt und zu einem dreiwöchigen geschärften Hausarrest verurteilt wurde.

Dienst in Pferdelazaretten

Die Rede ist von Friedrich (auch Fritz) Götz, der 1930 in die NSDAP eingetreten war, dann wieder austrat, um 1933 erneut einzutreten und Rothenburgs Ortsgruppenleiter wurde. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, musste er als Leutnant d. R. zur Wehrmacht, tat Dienst beim Pferdelazarett 570, später beim Pferdelazarett 525. Götz wurde 1942 Hauptmann im Osten und  Kompanieführer der 2. Kompanie beim Sicherungsbataillon 839.

Erste Seite des Feldgerichts-Urteils von

Erste Seite des Feldgerichts-Urteils von 1943

„Das Gespräch ist beendet, abtreten!“

Als am 20. Juni 1942 der Bataillonskommandeur an der weißrussischen Front ihm aus seiner Kompanie einen Offizier und einen Feldwebel wegbefahl, kritisierte Friedrich Götz in erregtem Ton seinen Bataillonschef in einer Art und Weise, die der Kommandeur, Major Schiessl, als „anmaßend“ empfand und sich jegliche Kritik an seinen Befehlen verbat. Daraufhin antwortete der Rothenburger NSDAP-Ortsgruppenleiter im Soldatenrock: „Das Recht zur Kritik habe ich als Nationalsozialist.“ Major Schiessl entgegnete ihm darauf: „Sie sind jetzt nicht Nationalsozialist, sondern Soldat.“ Friedrich Götz antwortete: „Ich bin nationalsozialistischer Offizier und als solcher habe ich auch das Recht Kritik zu üben!“ Daraufhin erwiderte der Bataillonschef: „Wir sind auch nationalsozialistische Offiziere, aber die Zugehörigkeit zur Partei ruht jetzt.“

Um dieses beim Militär unübliche Gespräch zwischen Vorgesetzten und Untergebenen zu beenden, befahl der Bataillonskommandeur seinen Hauptmann Haltung anzunehmen. Dann sagte er: „Das Gespräch ist beendet, abtreten!“ Daraufhin verließ Friedrich Götz das Zimmer seines Kommandeurs. Fünf Tage nach diesem Gespräch notierte sich Friedrich Götz die Worte des Bataillonskommandeurs und bewahrte den Zettel monatelang auf. Als ein neuer Kommandeur kam, Hauptmann Glass, übergab Götz diesem am 14. Dezember 1942 seine Gesprächsnotiz, in der stand:

Am 24. 6 1942 erhielt ich vom ehemaligen Kommandeur des  Sicherheitsbataillons 839, Herrn Major Schiessl, folgenden Befehl: „Ich verbiete Ihnen hiermit jeden Nationalsozialismus!“ Als ich darauf erwiderte: „Der Führer verlangt von jedem Offizier nationalsozialistische Haltung“, wurde von ihm dieser Befehl in größter Erregung nochmals wiederholt. Zeuge des Vorganges war der Adjutant Hauptmann Sumerauer. Unterschrift: Götz, Hauptmann und Kompanieführer.

Götz kam wegen seiner falschen Behauptungen selbst vor ein Kriegsgericht

Aufgrund dieser Meldung wurde ein kriegsgerichtliches Verfahren gegen Major Schiessl, der inzwischen versetzt war, beim Gericht der Division Nr. 173 in Nürnberg eingeleitet, das nach Vernehmung des Hauptmanns Sumerauer als Zeugen und des Majors Schiessl als Beschuldigten eingestellt wurde, weil die Angaben von Friedrich Götz als „nicht der Wahrheit entsprachen“. Jetzt wurde ein neues Strafverfahren eingeleitet, diesmal gegen den Rothenburger Friedrich Götz wegen Beleidigung eines Vorgesetzten (Vergehen gegen § 91 MStGB).

Bei der Hauptverhandlung am 15. Mai 1943 in Witibsk (Weißrussland nahe Sowjetunion und Lettland) unter Vorsitz von Oberkriegsgerichtsrat Dr. Freiherr von Wrangel gegen Friedrich Götz blieb dieser bei seiner Behauptung, die jedoch der frühere Bataillonskommandeur sowie der von Götz angegebene Adjutant Sumerauer glaubwürdig als unwahr zurückwiesen hatten. Das Feldkriegsgericht sah daher keine Veranlassung, an den Worten des Kommandeurs und des Adjutanten zu zweifeln.

„Die vom Angeklagten in seiner Meldung aufgestellte unwahre Behauptung war in hohen Maße geeignet, seinen früheren Bataillonskommandeur politisch zu verdächtigen und in seiner Stellung als Offizier und höherer Vorgesetzter zu schädigen.“

Gericht bescheinigte ihm eine verwerfliche Handlungsweise

Das Gericht verurteilte den Rothenburger Ortsgruppenleiter und Hauptmann wegen übler Nachrede (Beleidigung) eines Vorgesetzten zu einer Strafe von drei Wochen geschärften Hausarrest. Zugunsten des Angeklagten bewertete das Kriegsgericht, dass Friedrich Götz im letzten Dreivierteljahr als energische und verantwortungsbewusste Führungspersönlichkeit, mitunter nur etwas eigenwillig, in Erscheinung getreten war und mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet ist. Zu Ungunsten von Götz  bewertete das Kriegsgericht  die leichtfertige Weise, mit der er seinen früheren Bataillonskommandeur angeschwärzt und politische schwer verdächtigt hat.

„Diese Handlungsweise ist auch deshalb verwerflich, weil der Angeklagte selbst Ortsgruppenleiter der NSDAP ist und seine schweren, unbegründeten Verdächtigungen ebenfalls gegen einen alten Parteigenossen gerichtet hat.“

Bataillonskommandeur Schiessl war nämlich selbst nicht nur NSDAP-Mitglied, sondern auch SA-Hauptsturmführer. – Der Oberbefehlshaber der 3. Panzerarmee, Generaloberst Reinhard, bestätigte am 20. Mai 1943 das Urteil (B.A.L.Nr. 52/43).

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